Durch Medikamente kränker als je zuvor

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majo_334

Durch Medikamente kränker als je zuvor

Beitragvon majo_334 » 15.11.2012 19:07

Hallo Forum,

ich habe lange mit mir gerungen endlich mal zu schreiben. Ich bin auch Leidensgenossin, war allerdings das Jahr über stille Mitleserin.
Mein Problem ist folgendes.

Mein Onkologe hat mich wirklich 1A durch die Chemo gebracht, war fürsorglich und kompetent. Die letzten Monate BEACOPP habe ich recht gut weggesteckt, allerdings stecke ich jetzt, nach Beendigung dieser bis zum Hals in der Schh... :roll: und es geht mir schlechter, viel viel schlechter als während des ganzen Jahres mit und wegen Morbus Hodgkin. Ich bin psychisch am Ende.
Mein Doc hat mich dann ziemlich im Stich gelassen (praktisch Chemo vorbei & tschüss) und sich einen wahrscheinlich groben Fehler bei mir geleistet, der mich an den Rand des Wahnsinns bringt.

Ich habe ab Chemo-Ende mit 3 (!) Entzügen zu kämpfen gehabt und mich näher dem Sterben gefühlt als je zuvor. Ich lag wochenlang mit Weinkrämpfen nur herum, hatte Atemnot, unnatürliche Panikattacken und dachte ich verliere meinen Verstand. Ich beobachte mich immer sehr gut und hatte das Gefühl daß etwas gewaltig nicht stimmt. Es war mehr als einfach nur "fertig sein", ich weiß wie anstrengend die BEACOPP war, aber diese Zustände waren einfach nicht mehr normal!

Mein Onkologe hat auf meine Frage hin die Aussage getätigt nichts von den Medikamenten ausschleichen zu müssen. Ich habe explizit danach gefragt, wusste eben nicht Bescheid. Viele Wochen später kam es mir dann und ich hatte eine Vermutung daß das grundsätzlich verkehrt war.
Die mehrmonatige Gabe von Kortison (75-100mg) sowie Tavor (bis zu 2mg tägl bei Übelkeit & Ängsten) gehörten laut Aussage diverser Ärzte definitiv langsam ausgeschlichen. Gerade bei Tavor über viele Monate gibt es sogar Entzugskliniken die Entzüge von bis zu 10 Wochen durchführen. Auch mit dem Kortison, die Nebennierenrinde springt im Dreieck nach mehrmonatiger Gabe. Ich habe das im Nachhinein erfahren, meine Symptome verglichen und nun wohl Gewissheit, WARUM es mir SO schlecht erging und immer noch geht.
Fertig sein nach Chemo, OK, aber den Verstand verlieren...........?!

Mein Onkologe verneinte das Ausschleichen. Natürlich glaubte ich ihm, schließlich war er der Spezialist in meiner Geschichte und nicht ich. Ich rannte immer wieder zu ihm und berichtete von meinen Beschwerden, er sah die Ursache in einer allgemeinen Erschöpfung & Depression, gab mir Antidepressiva und es machte alles nur schlimmer. Wieder riet er mir zum sofortigen Absetzen dieser und ich war erstmal wieder beschäftigt die Antidepressiva aus meiner Psyche herauszuspülen. Auch das Absetzen ohne ausschleichen hierbei war ein Fehler, wie mir später gesagt wurde.

Es KANN und DARF einfach nicht sein daß ich jetzt fertiger bin als je zuvor. Ich kann es nicht mehr rückgängig machen und auch niemanden dafür verantwortlich, da mein Doc einfach auf seiner Meinung beharrt. Ich habe wirklich sehr gekämpft das alles gut zu schaffen, und jetzt erwischt es mich so eiskalt womöglich nur durch einen 'Kunstfehler'. Ich bin wirklich am Ende.

Ich sollte seit September längst auf Reha sein und mein (Eil-)Antrag wird seit über 2 Monaten von allenmöglichen Stellen verschlampt und liegengelassen, dabei wäre es so dringend notwendig wieder auf die Füße zu kommen. Ich & andere kämpfen unentwegt am Telefon für die Bewilligung und dennoch passiert nichts.
Kein Arzt will mir noch irgendetwas gegen meinen Zustand verschreiben, da ich in der Hinsicht einfach schon zu ausgereizt wurde die letzten Monate. Und Baldrianpräperate lindern nicht die Auswirkungen des Schlachtfelds in meinem Inneren. Meine Psyche führt einen Krieg gegen mich und ich kann nichts dagegen tun...

Und nach allem weiß ich noch nicht mal, ob ich wieder gesund werde...

---

Ich möchte wissen ob jemand ähnliches durchlebt hat und diese Ausschleich-Thematik irgendwie kommentieren kann. Wie verhielten sich eure Onkologen beim Absetzen von z.b. Kortison (Prednisolon)?

Mällä
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Beitragvon Mällä » 15.11.2012 19:33

Hallo

Also das mit dem ausschleichen der Medikamente, würde ich mal behaupten ist bei BEACOPP nicht vorgesehen. Kortison wurde ja 6 mal abgesetzt ! Und ich glaube das es bei jedem so gemacht wird .
Warum genau beamst du Tavor ? Soweit ich weiß ist dies zu beruhigung bzw. zum schlafen ! Tavor ist in der Tat ein gefährliches Medikament welches glaube ich schon ausgeschlichen werden muss ( bin mir aber nicht sicher ). Tavor ist nicht gegen Übelkeit , da wirst du bestimmt Zofran bzw. Odansetron bekommen haben.
Vielleicht hat es dich doch mehr mitgenommen als zuerst angenommen, vorallem Tavor macht einen "geschmeidig" und nachdem es abgesetzt wurde kam die Realität wieder. (Das ist nicht schlimm wenn es einen mehr mitnimmt-aber dann sollten man sich Hilfe suchen dafür gibt es sowas )
Ich hoffe deine reha wird schnell bewilligt und du kannst dadurch dein Leben neu ordnen

Kopf hoch 8)
MH, 4E mit Lebervergrößerung
6x BEACOPP
1.Chemo 21.11.11 --fertig :-)
2.Chemo 12.12.11 --fertig :-)
3.Chemo 04.01.12 --fertig :-)
4.Chemo 23.01.12 --fertig :-)
5.Chemo 13.02.12 --fertig :-)
6.Chemo 06.03.12 --fertig :-)
Reha Freiburg vom 14.06.-05.07.2012
12.07.12 1.NU alles schick
19.07.12 Portentnahme
11.10.12 2. NU alles paletti
18.01.13 3.NU alles gut
03.04.13 4.NU alles bestens
02.05.-18.05.2013 2.Reha Freiburg
11.07.2013 5.NU weiterhin alles prima
24.10.2013 6. NU soweit alles OK Wechseljahre beginnen

Elisabeth
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Beitragvon Elisabeth » 15.11.2012 19:54

Hallo Majo,
es tut mir leid, dass es Dich so beutelt. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass das Prednisolon ausgeschlichen wurde. Ich denke, dass ist schon korrekt, so wie es gelaufen ist.
Zu Tavor kann ich nix sagen, da ich keine Beruhigungsmittel genommen habe.
Hier ist noch ein Strang aus dem Forum zu dem Thema:
http://forum.hodgkin-info.de/viewtopic.php?p=88566

Prednisolon ist ja ein Hormon. Und da Du weiblich bist, sind durch das BEACOPP bestimmt auch Deine Östrogene etc. durcheinander gewirbelt wurden. Warst Du schon mal beim Frauenarzt?

Ansonsten hab ich leider auch keinen Rat. Das Nach-Chemo-Loch kennen wahrscheinlich die meisten hier, aber Du hast die Chemo geschafft, jetzt musst Du halt noch durch das Loch.

VG
Elisabeth
1993 MH 2A (7. Schwangerschaftsmonat), Bestrahlung (50gy) und Splenektomie
11/2003 Rezidiv 2A, 3X ABVD, HD Cyclophosphamid, vorsorgliche Stammzellsammlung, 2X BEACOPP, Bestrahlung
12/2004-2005 mehrmals Verdacht auf Frührezidiv nach PET
08/2015 alles ok
http://forum.hodgkin-info.de/viewtopic.php?t=778

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maikom
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Beitragvon maikom » 15.11.2012 20:25

Hallo Majo,
also Tavor ist schon Teufelszeug, da gebe ich dir Recht, allerdings ist 2mg schon sehr niedrig dosiert. Wie lange hast du es denn genommen. Tavor ist ein "Beruhigungsmittel" und hilft bei Angst- und Panikattacken. Wie gesagt die Dosis die du genommen hast war schon gering, aber es hat die vermutlich geholfen und einige Ängste und Sorgen genommen.

Deshalb denke ich was du jetzt durch machst, ist jetzt mehr psychisch bzw. psychosomatisch. Ich war vor dem Hodgkin ein Burnoutler und von soher weiß ich was die Psyche für einen großen Einfluss auf den Körper und das Wohlbefinden hat.

Das Tavor wird dir in der schweren Zeit geholfen haben und ohne bist du jetzt in der kalten Realität gelandet, dazu kommt, das es draußen viel dunkel und kalt ist - das ist sowie so nicht gut für die Psyche. Und dein Körper will jetzt das alles verarbeiten und aufarbeiten, was dort im Schnelldurchgang mit ihm passiert ist. Das geht aber nur in Zusammenarbeit mit dir.

Hast du Unterstützung durch einen Psychiater bzw. Psychologen ? Ich denke das wäre momentan der richtige Ansprechpartner für dich...

Maik
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Beitragvon Thomas-D » 15.11.2012 23:24

Ich habe die Chemo vor ca. 3,5 Wochen hinter mich gebracht. Die verschriebenen Tabletten sollte ich noch 3 bis zum Ende des 3-wöchigen-Rythmus weiternehmen und danach komplett absetzen. Nur "Cortrim Forte" ´soll ich seitdem 3 mal die Woche jeweils morgens und abends weiter nehmen.

Von "Tavor" habe ich bis jetzt nichts gehört.
2012 Hodgkin Lymphom St. IVBE, mediastinaler bulk >50
diffuser Lungen und Knochenbefall
, HD18 Studie (4 Durchgänge BEACOPP)
1. Nachuntersuchung 5.2.13
alle weiteren NU bis heut (23.05.20917) waren für mich positiv. Bis jetzt ist nicht wieder aufgetaucht. Weitere NU finden im Halbjahresrhythmus statt
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yoda
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Beitragvon yoda » 16.11.2012 08:30

Möchte hier etwas richtigstellen. Und du kannst mir ruhig glauben. Wenn sich jemand mit Benzodiazepinen auskennt, dann ich. Mein Bruder kennt die Dinger aus langjähriger Erfahrung. Und BEACOPP habe ich selber durchgemacht, mit diesen Präparaten.

Wie hier schon geschrieben wurde, schleichen zwar einige Patienten unter BEACOPP das Prednison (Cortison) aus. Doch dies ist nach Aussage all meiner Ärzte nicht falsch, jedoch auch nicht nötig. Du hast nach jedem Zyklus - so sollte es eigentlich sein - das Prednison ausgesetzt für eine Woche. Somit gewöhnt sich auch die Nebennierenrinde wieder daran. Es kann sein, dass deine Niere trotzdem was abbekommen hat. Doch das kann man ganz einfach testen. Geh zu einem Hausarzt und lass dir die Werte für Cortisol und die Schilddrüse bestätigen. Dies kann für das körperliche Wohlbefinden tatsächlich einen grossen Einfluss haben.

Du wirkst aber auf mich - lass es mich so ausdrücken - verzweifelt und psychisch angegriffen. Das klingt stark nach anderen Wirkstoffen. Und da trifft es das Lorazepam auf den Kopf. Sag mal, 2mg pro Tag, warum denn das? Hast du es zum Einschlafen genommen oder weil es dir so oft übel war. Allenfalls auch, damit es dir allgemein besser ging? Ich hatte auch Temesta, alias Lorazepam. Diese haben lange Halbwertszeiten und wenn du die über Monate jeden Tag oder fast jeden Tag genommen hast, dann stimmen deine Beschreibungen exakt. Du brauchst dann wohl Hilfe, denn eine solche Abhängigkeit von Benzos ist nicht einfach zu druchbrechen.

Ich selber nahm zum Schlafen immer Oxazepam, die sind nicht so stark wie Lorazepam und nahm auch immer nur eine halbe Tablette. Setzte die Dinger wie das Prednison auch brav in der Chemopause nach zwei Wochen ab. Und dann ging das relativ gut. Geh unbedingt zu einem Hausazrt und besprich das mit ihm. Du machst wohl momentan einen kalten Entzug durch. Das ist nicht gut.
Morbus Hodgkin Stadium 4B mit Milz-, Leber- und multipler Knochenbefall; Therapieschema: BEACOPP 8x eskaliert
Therapiebeginn: 08.04.09; Therapieende: 16.09.09; alle Nachsorgeuntersuchungen bis 02.04.14 ok Vorstellung/Krankheitsgeschichte

majo_334

Beitragvon majo_334 » 16.11.2012 19:36

Vielen Dank für die bisherigen Antworten... habe nicht mit so schneller Reaktion gerechnet. Danke an alle!


Um etwas wichtiges klarzustellen: mein Onkologe ging so vor, daß er mir Tavor als Mittel gegen alles gab. Das ging schon vor Beginn der Chemo los als diese ganzen wichtigen Untersuchungen, Eingriffe (Port, OPs etc) stattfanden. Während der Chemo wurde es dann praktisch ein Grundpfeiler. Ich übertreibe nicht wenn ich sage, daß er es mir regelrecht hinterherschmiss. Es waren immer Rezepte für Großpackungen. Ich ffragte mich anfangs, was ich mit so viel Zeug soll. Aber es wirkte natürlich bei mir und dann verstand ich, daß es sehr effektiv ist. Ich kann seine Verschreibungs-Lust von Tavor auch durchaus verstehen, weil es in den jeweiligen Situationen half wie nichts anderes. Ich hatte keine Ahnung was dieses Medikament später anrichten würde. Ich neige nicht zu Suchtverhalten, bin in meinem Leben nie mit Medikamenten oder sonstiges in Berührung gekommen.
Aber jetzt wird mir klar daß man von Tavor ultra schnell abhängig wird ohne es zu merken. Ich bin jetzt auch auf den Begriff "Notfallmedikament" gestoßen, nicht wirklich fürmehrere Monate geeignet, und Absetzen nur unter Aufsicht, evtl in Klinik.
Ich hatte wirklich ein gutes Verhältnis zu meinem Onkologen, aber hat mich nie auf die Gefahr hingewiesen.

Wenn mir übel werden würde "nehmen sie Tavor"... praktisch schon "noch bevor ihnen schlecht ist", als Prophylaxe sozusagen. Und sowieso immer wenn es mir nicht gut gehen sollte. Diesen Satz hörte ich immer wieder. Er hat mir Tavor als "Helferlein gegen alles" verschrieben, wie ich mir dann im Nachhinein dachte. Ich bekam 1x Ondensatron, aber es hatte bei mir so gut wie keine Wirkung, woraufhin ich wieder, wie immer, auf Tavor hingewiesen wurde. "Nehmen sie's ruhig mehrmals am Tag wenn es ihnen schlecht geht"
An den Tagen der Übelkeit kam ich dann schon mal auf 3mg pro Tag, wenn die harte Phase vorbei war nahm ich Tavor bei Symptomen wie Herzrasen oder Unruhe, die mich zum Ende eines jeweiligen Kurses ziemlich plagte. Schlafstörungen weniger. Das waren dann auch pro Tag 2mg, am Nachmittag hatte ich immer ein Tief und zum Abend hin.

Ich hatte praktisch eine Art Dauermedikation von etwa 4 Monaten. Sicherlich waren da immer mal wieder Tage dabei an denen ich nicht zu Tavor greifen musste, aber das war eher die Ausnahme.
Ich WEIß, daß es mir JETZT nicht hilft noch ewig über den verkorksten Tavor-Konsum nachzudenken und wie da alles schiefgelaufen ist, was mein Doc alles falsch machte, aber ich bin so enttäuscht und machtlos, weil ich wirklich dachte ich stecke alles gut weg, und weil ich es einfach nicht beeinflussen kann, wie lange es dauert bis der Wirkstoff in mir völlig abgebaut ist. Es wäre toll, möge mir jemand sagen wie das in meinem Fall aussieht. Es ist klar daß ich nicht im Dezember eines Morgens aufwache und feststelle daß ich wieder ganz die Alte bin. Es war ein verdammt hartes Jahr. Aber wie gesagt diese Tavor-Zustände,... wann kann ich damit rechnen daß sie abgeklungen sind? Es wären jetzt über 2 Monate.

Im September zum Chemo-Ende wurde das Tavor abgesetzt, seitdem habe ich es nie wieder genommen, auch wenn ich weiß daß es mir dann vielleicht ganz schnell wieder besser gehen würde. Ich bin nun seit über 2 Monaten Tavor-frei aber spüre immer noch starke Nachwirkungen. Depressionen, Panikattacken (vorallem morgens), Schweißausbrüche - das alles über den Tag verteilt wellenartig. Zum Glück kann ich gut schlafen.
Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, wenn ich DAS gewusst hätte, hätte ich es von mir aus 3 Monate lang ausgeschlichen, nur damit ich diese psychischen Höllenqualen hätte verhindern können... ich bin wirklich nicht die Typin die sich irgendetwas einbildet oder gerne Selbstmitleid hingibt, aber ich hatte solche Horror-Wochen, ich kann es kaum in Worte fassen.

Es ist so daß mein Zustand eher körperlicher Natur ist. Ich habe zwar Depressionen, aber es ist einfach eine schwarze Wolke auf meinem Gemüt die sich nicht definieren lässt. Hätte ich einen wirklichen Grund, könnte mir auch ein Psychiater helfen. Es ist aber eher eine Symptomatik die sich nicht diskutieren lässt. Ich werde sicher psycho-onkologische Unterstützung auf der Reha in Anspruch nehmen, aber mein Befinden, so habe ich das Gefühl, liegt größtenteils körperlichen Symptomen zu Grunde, die nicht durch psychologische Beleuchtungen besser werden. Klar muss ich das alles aufarbeiten. Aber ich sage mal daß diese Themen mir weniger auf der Seele brennen als der akute Fall mit den Entzugserscheinungen. Ich bin sicher, überzeugt davon, daß auf der Reha im Gesamtpaket (vorallem körperlich durch viel Sport) dann eine Besserung eintritt. Ich schaff es Zuhause nicht. Ich brauche wirklich Hilfe mittels eines professionellen Programms.

Das mit dem Kortison scheint mir jetzt doch BEACOPP-spezifisch in Ordnung zu sein, was ihr so alle erzählt. Zumindest diese Geschichte wäre dann ok, ich habe beim Hausarzt ein großes Blutbild machen lassen und bis auf leicht erhöhte Leberwerte lässt sich kein Schaden feststellen (er hatte auch explizit wg dem Kortison drauf geschaut)...

Zum Schluss noch, speziell an "yoda", könntest du mir irgendeinen Rat geben wie man dieses Disaster noch halbwegs im Nachhinein kitten kann... oder zumindest, wie lange es dauert bis das alles aufhört...

Vielen Dank.

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maikom
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Beitragvon maikom » 16.11.2012 19:54

Ich finde es schon merkwürdig, wie manchmal Medikamente ohne sinnvolle Aufklärung ausgegeben werden. Also von meinem Arzt hatte ich auch in den tiefsten Krisen welche bekommen, aber die Höchstzahl waren 4 Tabletten und ich wurde 10 Minuten über die Wirkungsweise aufgeklärt. Nach der Aufklärung hatte ich entschieden, das ich sie nicht nehme, sondern lieber das Tief durchstehe.

Ich bin immer noch die Meinung das du einen Psychiater aufsuchen solltest, die sind mit dieser Art von Medikamenten am besten vertraut und können auch auf deine Situation reagieren.

Du schreibst du hast Panikattacken - Wo liegt die Ursache, wovor hast du Panik (Tod, Krebs, Alleinsein) ? Vielleicht lässt sich ja auch daran arbeiten, die Schweißausbrüche würde ich in Kombination der Panikattacken sehen, weil du entsprechend dich reinsteigerst und dabei viel Energie verbrennst und schneller als nötig atmest.

Du sagst das sich deine Symptome nicht durch psychologische Beleuchtungen verbessern werden, ich denke da liegst du sehr falsch. Wenn du mal einmal einen Burnout hattest, weist du was psychosomatische Schmerzen sind, und was du Psyche alles für Schmerzen auslesen kann. Ich hatte im Burnout Schmerzen, ich dachte ich muss sterben, von starkem Druck im Brustkorb, Herzschmerzen, Knochenschmerzen, Muskelschmerzen ist alles dabei und die Ärzte sagten gesundheitlich ist alles okay, das ist ihre Psyche.

Ich befürchte du musst jetzt dadurch, jetzt wirst du es nicht mehr ausschleichen könne , wenn du sagst du bist schon einige Wochen aus dem Einnehmen raus. Man kann jetzt nur psychologisch arbeiten und dich versuchen zu beruhigen, da gehören beispielsweise Therapien wie Atemtraining und Yoga dazu, das hörst sich außenstehend für Quatsch an, aber das hilft ungemein sich wieder runter zu fahren.

In größeren Städten gibt es einen psychologischen Notdienst, ruf dort doch einfach mal an und trage deine Probleme vor, vielleicht können Sie ja helfen...

Maik
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Mariii
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Beitragvon Mariii » 16.11.2012 21:05

Liebe Majo,

das hört sich ziemlich übel an...Also zum Thema Kortison und ausschleichen: da hat wohl jeder seine eigene Theorie/Praxis. Mein Arzt hat mich die hohe Dosierung, die ich wegen heftiger Allergie auf Darcabazin nehmen musste auch aussschleichen lassen. Das waren 4mg Dexamethasom ich glaub das Prednison hat andere Dosierungen, da gabs 20 mg das war viel neidriger dosiert (berichtigt mich Freunde, wenn ich gard alles durcheinanderbring). Auf jeden Fall reichte das, um es ausschleichen zu lassen. Ich fand seine Erklährungen immer logisch, ich habe es über einen sehr langen Zeitraum eingenomme. Kurze Einnahme ist nicht so wild. Mein Onko ist aber sowieso ein unglaublich guter Arzt, der hat immer Für und Wider einer Sache erklärt. Ich bin fassungslos, dass er dir das Tavor so reingepfiffen hat, bei mir gabs Tavor nur zur Nacht und vor lauter Angst, das da sonst was passiert, hab ich mal ne halbe eingeworfen, mit sehr schlechtem Gefühl. Schade, dass du da nicht nachgehakt hast, ich bin bei sowas erstmal der Googlerund guck, was ich da einnehmen soll.Meine Ma muss auch Beruhigungsmittel nehmen, und ohne gehts ihr, wie du es jetzt beschreibst! Kalter Entzug, das klingt ziemlich logisch. Ich glaube, dass hier ein Psychotherapeut angebracht ist, der kennt sich mit soetwas sicher aus und ich geh davon aus, dass der dir helfen kann, auch wenn es eventuell erstmal wieder heisst, ein Antidepressivum zu nehmen (um es dann wieder auszuschleichen!). Frag dich durch, dass du in gute Hände gerätst und pass auf dich auf, viell. meldest du dich mal, wie es weiter geht bei dir! Grüssle, Kopf hoch und nicht verzweifeln, Mari
Morbus Hodgkin IIa (Mischtyp) cervical, mediastinal

2 Zyklen ABVD+ Bestrahlung Studie HD16
6 .2.12 -19.3.12

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5.4.12 Pet leuchtet noch leicht
26.4. -11. 5.12 Bestrahlung 20gy

19. 6. 12 Abschlus CT und MR schick,
28.8 12 1.Nachsorge, PET nichts leuchtet!
11.12.12 2.Nachsorge alles schick!
März 13 3.Nachsorge MRT Hals/Thorax- sauber
Juli 13 4.Nachsorge 2 kleine neue Lymphis
Aug. 13 Lymphis wieder kleiner PUH!
Feb. 14 5.Nachsorge tutti paletti. Alles weg!



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Jaina152
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Beitragvon Jaina152 » 16.11.2012 22:44

Liebe majo,

ich kann allen Vorrednern nur beipflichten.
Thema Kortison: kortison ist sehr ähnlich einem eigentlich körpereigenen Hormon, das in der Nebennierenrinde produziert wird. Nimmt man das jetzt regelmässig über wochen KONTINUIERLICH ein, muss man ausschleichen, sonst gehts einem elendig. Da reicht eine Dosis von 5mg Prednison am Tag, das ist eine Art Schwellendosis, ab der die Nebenniere bei täglicher Zufuhr irgendwann aufhört zu produzieren. setzt man dann das Prednison ab, fehlt das Hormon und es kann schwere Nebenwirkungen geben. Aber: eigentlich nicht bei diskoninuierlicher Einnahme. mach Dir wg dem Prednison keine Sorgen, v.a. Wenn der HA den Spiegel kontrolliert hat.
Thema Tavor: 1. Tavor ist ein gutes Medikament und in AKUTsituationen sehr nützlich. Es ist angstlösend, schlaffördernd und auch ein gutes antiemetikum, hilft also gegen Übelkeit- manchmal sogar, wenn alees andere: emend, zofran, mcp, vomex etc versagt.
2. Aber: wie jedes andere Benzodiazepin kann es abhängig machen. Wenn man es dann einfach absetzt, können Entzugssymptome auftreten, so wie Du sie beschreibst. das sind dann richtig körperliche Beschwerden, da ist nichts "eingebildet". Tavor greift in den Transmitterstoffwechsel im Gehirn ein und , grob gesagt, dämpft alles ein bissel. Das Gehirn gewöhnt sich dran und dann, denn das Dämpfende wegfällt, spielen die Botenstoffe richtig verrückt. Da hätte man ausschleichen sollen. Und: das ist die Aufgabe eines guten Psychiaters, Dir da raus zu helfen. Ich weiss, meine Antwort ist etwas oberlehrerhaft... Sorry
Ich weiss, als "normalo" hat man unheimliche hemmungen vor dem psychodoc, aber diese Probleme gehören zu ihrem Fachgebiet. Bitte, lass Dir helfen!
Du hast die ganze beacopp sch... Durchgestanden, das schaffst Du auch!
Mann:
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6x BEACOPPesk 11/12- 02/13
04/13 PET negativ

Lunita
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Beitragvon Lunita » 16.11.2012 22:50

Tavor so langfristig und dabei leichtfertig zu verabreichen wie man es in deinem Fall getan hat, liebe Majo, halte ich für einen ziemlichen Kunstfehler. Selbst in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses, in der man doch teilweise recht großzügig mit Psychopharmaka umgeht, wurde Tavor doch immer mit Vorsicht behandelt. Stattdessen greift man dort gerne zu Truxal oder ähnlichen Präparaten, die einen nicht ganz so tief in die Abhängigkeit treiben können. Tavor kurzfristig zu bekommen, ist nicht schlimm, wird z.B. auch gerne mal bei Bedarf vor OPs gegeben, aber über so einen langen Zeitraum wie die Chemo und so großzügig? Wahrscheinlich wußte dein Onkologe es nicht mal selber?! Ich würde es auch definitiv ansprechen, nicht dass er das bei weiteren Patienten so handhabt...
Zu deiner anderen Frage: also bei mir war es auch so, dass man das Prednisolon nicht hat ausschleichen lassen. Als ich mit der Chemo durch war, war es auch mit dem Kortison vorbei. Dabei hätte ich es eigentlich dann gut gebrauchen können, so platt wie ich war.
Liebe Grüße und scheue (und schäme!) dich nicht, bei dem was du gerade durchmachst, Hilfe in Anspruch zu nehmen!
MH Stadium 2B mit Risikofaktor großer mediastinaler Tumor
8xBEACOPP eskaliert, aufgrund ausgeprägter Leukopenie jedoch stetige Dosisreduktion bis BEACOPP Basis, Mai-Dezember 2010
Bestrahlung 30 Gy.

majo_334

Beitragvon majo_334 » 17.11.2012 17:35

Ich danke euch allen für die Unterstützung und Ratschläge. Es scheint wirklich ein Fall für geschulte Hände zu sein, wird aber nicht einfach gleich an den "Richtigen" zu geraten, dazu kommt mittlerweile ein regelrechtes Misstrauen, denn ich hatte wirklich das Gefühl bei meinem Onkologen in guten Händen zu sein. Man baut ja auch ein unheimliches Vertrauen auf. Muss man. Ich habe mich da wohl getäuscht.

Trotzdem würde ich mich noch über weitere Kommentare sehr freuen...

Lunita
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Beitragvon Lunita » 17.11.2012 18:41

Kann man verstehen, dass du jetzt allgemein misstrauisch bist, und auch enttäuscht was deinen Onkologen betrifft. Aber wahrscheinlich wußte er es selber nicht besser. Muss ja nicht heißen, dass er als Onkologe seinen Job schlecht macht. Es ist halt nicht sein Fachgebiet mit Psychopharmaka zu arbeiten, und offenbar hat er sich auch noch nicht näher damit auseinander gesetzt. Sowas kommt vor. Irren ist menschlich. Er wollte dir ja nicht vorsetzlich schädigen, oder? :wink2:
Wende dich doch einfach mal wieder an ihn und erzähle ihm, wie es dir jetzt geht, und was du über Tavor inzwischen heraus gefunden hast. An seiner Reaktion darauf, wirst du ja immer noch sehen können, ob er sich einsichtig zeigt oder tatsächlich als Arzt (und Mensch) vielleicht doch eher eine Pfeife ist...?
Liebe Grüße und Kopf hoch! Das dumme Tavor-Nachspiel kriegst du auch noch in den Griff!
MH Stadium 2B mit Risikofaktor großer mediastinaler Tumor

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Beitragvon maikom » 17.11.2012 19:56

Ich geh auch davon aus, das er es nicht besser wusste, manchmal sind die auch so unter Stress und Strom, das vielleicht auch die Zeit dazu nicht da war. Soll bei weitem keine Entschuldigung sein...

Ich habe mir angewöhnt immer alles skeptisch zu hinterfragen. Gab auch Tage im Krankenhaus, da wurde mir morgens im Halbschlaf ein Pillendöschen ans Bett gestellt und irgend ein Kommentar oder Hinweis was und wie ich das einzunehmen bzw. WARUM ?

Ich bin dann immer hinterher getappelt und habe das hinterfragt, auch wenn die Schwestern aus Zeitgründen mit den Augen gerollt, habe dann aber angeboten dafür mein Bett selber zu machen.

Was ich sagen will, nicht immer alles reinstopfen. Man sollte zumindestens immer wissen, was es ist, warum man es nimmt und welche Wirkung es hat.

Das hilft dir jetzt zwar nicht mehr weiter...aber naja.

Ich denke ein Psychiater oder Psychotherapeut kann dir jetzt am besten und schnellsten weiterhelfen. Leider sind die momentan komplett überfüllt und überrannt. Ein Spiegelbild der Gesellschaft in Deutschland.

Maik
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Anthea
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Beitragvon Anthea » 17.11.2012 22:41

Hallo,

ich kann nur zu dem Kortison etwas beitragen: bei uns MSlern wird das Ausschleichen auch hart diskutiert und viele Neurologen neigen inzwischen dazu, es nicht mehr auszuschleichen. Meiner gehört noch zu der anderen Sorte und auch letztes Jahr im Krankenhaus bekam ich die Anweisung, auszuschleichen.

Allerdings bekomme ich Kortison ja auch akut in ganz anderen Dosen. Letztes Jahr bei meinem großen Schub hab ich praktisch 3 Tage "eingeschlichen" mit 100 mg/Tag (mein Neurologe schwört auf die Tablettenkur), bevor es so schlimm wurde das ich ins Krankenhaus musste. Dort gab es 3 Tage lang 1 g / Tag und das hat dann heftigste Nebenwirkungen (so depressiv hab ich mich noch nie erlebt). Danach Ausschleichen mit 100 mg, 75 mg, 50 mg, 25 mg, 20 mg, 15 mg, 10 mg, 5 mg und Schluß :) .

Wurde mal ein Kaliumspiegel gemacht? Kortison frißt Kalium, ich bin dem Arzt so dankbar, der mir letztes Jahr Kalium aufschrieb als ich während der Kortisonbehandlung zu ihm kam. Mir ging es zwei Tage später schon deutlich besser. Seitdem achte ich sehr auf Kalium, wenn mal wieder Kortison nötig ist.

Liebe Grüße,
Karin


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