Psychostress...

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salita
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Psychostress...

Beitragvon salita » 27.03.2009 11:53

Hallo liebe Leute,

irgendwie bin ich derzeit in einem ganz schönen Tief und kann mich selber grad nicht so richtig da rausziehen. Jetzt bin ich ja eigentlich wieder gesund, und mir ging es auch psychisch sehr gut, fühlte mich eigentlich relativ stabil, und jetzt kommen dies ganzen Ängste wieder auf. Im Moment bereitet mir sogar duschen totale Qualen, da ich mich selber dabei anfassen muss, und da könnte ich ja wieder was fühlen, was da nicht hingehört... Oder im Spiegel etwas "komisches" sehen oder so...

Momentan ist die Angst vor der Angst quasi so groß, dass ich lieber latent panisch bin, anstatt mal den Dingen auf den Grund zu gehen. So hab ich seit Wochen Schmerzen unterm Arm, und bilde mir ständig ein, dass da ne Schwellung ist, wenn ich aber nach einem Tag Panik mich endlich traue, da anzufassen, fühl ich nix. Wird also eher was mit Muskel/Sehnen sein, aber mich macht das grad verrückt (Lymphom? Liposarkom? Klaro, muss ja was tödliches sein :roll: Ich weiß rational natürlich, dass das unwahrscheinlich ist und das diese Ängste nix bringen, aber ich schaffe derzeit nicht, solche Sorgen zu verdrängen).

Hm, in letzter Zeit war sowieso alles chaotisch, hatte an anderer Stelle erwähnt, dass mein beste Freundin jetzt auch MH hat (gleichzeitg wie ich bekommen, laut Ausbreitungsgrad)... Also das hat meine letzte Hoffnung in jegliche Statistik völlig ruiniert, also nach dem Motto: Selten? Kein Problem, schaff ich locker. Nur 1% (oder wieviel auch immer) Wahrscheinlichkeit auf Sekundärtumor innerhalb der ersten Jahre? Immer her damit, wenn, dann sowieso ich. Wie gesagt, rational alles völlig klar unangebracht, emotional könnte ich grad nur noch flennen vor Angst und Wut. Dann bin ich Anfang März noch fast an den Nebenwirkungen von Novaminsulfon abgenippelt, weil das Zeug mein Knochenmark zerschossen hat (passt natürlich perfekt in mein (Angst-)Schema: Seltene Nebenwirkungen? Kriegt sonst praktisch keiner? Na dann passierts mir bestimmt... Das doofe ist: stimmt ja leider auch, alles megaunwahrscheinlich was mir so passiert.)

Zudem habe ich zeitgleich an den Rippen einen großen Knoten bemerkt (hahaha, während meines folglich sehr erholsamen Urlaubs), der sich mittlerweile als Lipom rausgestellt hat, mir aber auch 2 Wochen Terror beschert hat.

Ach, weiß auch nicht. Habt ihr auch so Phasen? Wie und wann geht das denn endlich wieder vorbei..?? Vielleicht gehörts ja dazu, Angst und Entfremdung seinem Körper gegenüber zu empfinden nach sowas, aber ich bin grad echt fertig mir der Welt und will endlich mal wieder ein bißchen innere Ruhe empfinden. Alles doof...

Liebe Grüße,
Sarah
2008 MH IIb - 2 x ABVD + 30 gy
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Karen
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Psychostress

Beitragvon Karen » 27.03.2009 14:31

Liebe Sarah,

Ich hatte wie Du vom Juni bis August Chemo. Als alles abgeschlossen war, erging es mir psychisch ähnlich wie Dir. Ich stand vor den Spiegel und beäugte kritisch die Stelle, wo der Lymphknoten entfernt wurde, ist da was dicker, oder nicht....Wenn es mich gejuckt hat, ist MH wieder da? Dann war so ein Druckgefühl unter der Achsel, bricht er jetzt da aus????Also die totale Angstschiene:Dann habe ich mich entschlossen eine Reha zu machen. Ende November war ich dann vier Wochen im Schwarzwald. Dobel. Tolle Natur, ich war täglich 2 Stunden draußen. Ich hatte eine wirklich gute psychologische Betreuung. Danach ging es mir wirklich besser. Es ist nicht so, dass ich überhaupt keine Ängste mehr hätte, das wäre gelogen, aber wenn welche aufkommen kann ich besser damit umgehen. Dazu medetiere ich seit vielen Jahren und mache das wieder regelmäßig zwei Mal am Tag und was mich auch erdet, sind meine täglichen Spaziergänge von ca. 45 Minuten an der frischen Luft. Das holt mich aus dem Kopf heraus.
Ich versuche mehr im Hier und Jetzt zu leben. Die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen und die Zukunft? Es ist müßig sich darüber Gedanken zu machen, es kommt eh anders als man sich es im Kopf vorstellt. Und wer weiß, ob ich morgen nicht von einem Auto überfahren werde? Oder wie mein Bruder mit 49, kerngesund, fällt um und ist tot. Gehirnblutung im Stammhirn. Also versuche ich das Hier und Jetzt zu leben und eigentlich ist das Leben so schön, wenn man frei ist von den dunklen Schatten der Angst, des Zorns, der Wut.
Es ist schwierig alle Dinge so anzunehmen wie sie kommen, ja zu sagen, zu allem was das Leben einem bringt, aber ich habe gemerkt, je mehr ich mich sträube, kämpfe und die Dinge anders haben will, als sie sind, um so unglücklicher werde ich.Die Dinge annehmen und loslassen heißt Freiheit.
Aber der Weg dorthin ist sehr weit.
Auf jeden Fall hat die Krankheit viel bewegt in mir, ich bin so an meine Grenzen gekommen, und manchmal dachte ich, es musste so dick kommen, sonst hätte ich bestimmte Dinge einfach nicht gelernt, so stur wie meine Natur ist. Oje jetzt habe ich aber viel geschrieben.
Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du mit Deinen Ängsten Frieden schließen kannst, sie annehmen kannst, dann verlieren sie an Kraft.

Liebe Grüße
Karen
MH Stadium 1A ohne Risikofaktor
2x2 ADVB

julsi
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Beitragvon julsi » 27.03.2009 15:07

@ Karen: Schön von dir zu hören (lesen) denk wirklich oft an dich! Aber nun lese ich ja, dass es dir gut geht und das freut mich! Hast du dich bestrahlen lassen oder nicht?

@ Sarah: Ohja ich glaub diese Gefühle kennen wir hier alle.
Während meiner Chemo war ich voll stark und habe nie daran gezweifelt wieder gesund zu werden und alles lief wie am schnürchen.
Nach den tollen Abschlußuntersuchungen musste ich auch nit bestrahlen. Und plötzlich dann nachdem alles vorbei war, war ich psychisch sehr angeschlagen. Habe sehr viel geweint und mal so mit dem Tod beschäftigt.

Danach habe ich mich selber aus dem Loch wieder rausgezogen. Dachte, so kanns nciht weitergehen und gehe nun viel Laufen und widme mich meiner kreativität.
Ich male und fotografiere sehr viel und seitdem geht es mir wieder besser.

Doch auch bei mir kommts immer wieder hoch, Ich spüre auf meinem Hals (wo ich auch vorher betroffen war) einen Lymphkoten und weiß nicht ob es Narbengewebe ist oder ob sich doch wieder etwas neues bildet?!

Also ich glaube jeder von uns lebt mit der Angst und wir müssen versuchen damit umgehen zu lernen.

Such dir viell. auch etwas dass dir SPaß macht und dich ablenkt und vergiß nicht positiv zu denken!

Ich wünsch dir viel Kraft und hoffentlich geht es dir bald besser!

Lg Julsi
MH 2A keine Risikofaktoren Befall: Hals
Beginn der Chemo 28.4.08
6x ABVD
CT:komplette remission
Pet negativ
keine bestrahlung!

CHEMO GESCHAFFT!!!!! YEAH!
Meine Geschichte:
http://forum.hodgkin-info.de/viewtopic.php?t=3381

Nachtigall
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Beitragvon Nachtigall » 27.03.2009 16:10

Ich glaub dieses Problem haben wohl die Meisten nach so einer Erkrankung, während der Chemozeit hat man Termine ohne Ende, das Blut wird laufend untersucht, dann kommt das letzte Mal Chemo, danach die Untersuchungen und ab da beginnt es dann auch, diese Fragen und Ängste, ob wohl alles weg ist und ob es vor allen Dingen auch weg bleibt, außerdem fängt man dann (ich jedenfalls) an, die Folgen der Chemo zu spüren(morgens bin ich so gefühlte 70Jahre), ich hab mir jedenfalls geschworen, die Jahre die man noch "nachhat" sehr bewußt und mit vielen schönen Momenten zu füllen, außerdem hilft mir Sport machen sehr.LG Anja

Honi
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Beitragvon Honi » 27.03.2009 19:47

Ich bin der Meinung, daß es wichtig ist eine gewisse " Seelenhygiene " zu betreiben. Nachdem ich 2003 MH los war, dachte ich in keinster Weise darann, daß der Mist wiederkommt. Meine Ärztin hat mir versichert, daß das Thema erledigt sei. Also, naiv wie ich bin, habe ich ihr geglaubt und echt keinerlei Gedanken an Rezidiv oder so verschwendet. Jetzt war 2007 MH wieder da und Chemo war wieder an der Tagesordnung. Es könnte einem ja zu gut gehen. Alles ist jetzt wieder o.k., dafür habe ich jetzt Muffensausen. Meine Freundin bekommt das immer gleich mit und sofort wird geredet. Autogenes Training ist auch ganz gut. Sport bringt mich sowieso auf andere Gedanken. Ich missbrauche keine Genussmittel mehr und ernähre mich gesund. Also, an mir soll es nicht liegen. :P :P :P

renben
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Beitragvon renben » 28.03.2009 00:05

hallo salita,

bisher habe ich dich eher als selbstbewusst wahrgenommen und hätte nicht gedacht, dass DU in solch Gedanken verfällst. Ich meine, deine gut formulierten Sätze, englisch, deutsch ... u.s.f. ....

Lass Dich von Emotionen, negativen Emotionen, nicht beeindrucken.. ich denke, DU schaffst das auch so, ohne gezehter.

Ein Tief, nachdem die Therapie zu ende ist, darf sich jeder gönnen. Das ist völlig normal, finde ich ... hatte ich im Judo nen Wettkampf, war ich danach auch erstmal etwas auf ausruhen getrimmt, oder war eine stressige Woche im Büro, machte ich auch erstmal die folgende Woche, wenn es ging langsamer. Nach der Chemo hääte ich mir auch erst noch schöne Zeit gewünscht, käme nicht die Lungenentzündung dazwischen. Insgesamt will ich sagen, wer schwer gekämüft hat, sollte auf die Bedürfnisse seines Körpers hören und sich erstmal noch gehen lassen und ausruhen.

Alles Gute!
renben
März 07: Diagnose Hodgkin IVEB nod.skler.
April 07 - Okt. 07: 8x beacopp eskaliert
Okt. 07 - Nov. 07: atypische Lungenentzündung (PCP)
Jan. 08: 15x 2Gy Restgewebe Bestrahlung

renben
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Beitragvon renben » 28.03.2009 00:13

PS: meine Chemo war Ende September zuende, Anfang Januer gabs dann noch Bestrahlung, bis ich nicht mehr so ängstlich war ging bis Oktober , ein Jahr nach Chemo ende. Danach, hat mich dafür alles rund um Thema Krank sein doppelt bis dreifach so viel genervt. ... bis heute...
- renben
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April 07 - Okt. 07: 8x beacopp eskaliert

Okt. 07 - Nov. 07: atypische Lungenentzündung (PCP)

Jan. 08: 15x 2Gy Restgewebe Bestrahlung

Amy
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Beitragvon Amy » 29.03.2009 10:48

Liebe Sarah,

mir geht es zur Zeit ähnlich. Jeder Schmerz, jeder Hustenanfall wird zum zurückgekehrten Hodgkin und löst bei mir Panik aus. Nur mit dem Unterschied zu früher, dass ich jetzt immer ganz schnell beim HA bin und das abklären lasse. Am liebsten wäre es mir, wenn ich jede Woche einen Stempel bekommen könnte - "Hodgkin-frei". Leider geht das nicht. Und mit dieser Ungewissheit muss man leben lernen. Vielleicht wird es mit der Zeit besser, die Therapie ist ja auch noch nicht so lange her.

Ich denke, bei Dir kommen viele Erinnerungen wieder hoch, da Deine Freundin jetzt auch betroffen ist. Du gehst den Weg quasi ein zweites Mal und das ist seelisch anstrengend und belastend.

Ich wünsche Dir, dass Du bald wieder aus dem Tief kommst.

Liebe Grüße
Anette
Morbus Hodgkin 2b mit RF
4 Zyklen ABVD (08/2008 - 12/2008)
Restaging 18.12.08 - kl. Narbengewebe
Bestrahlung 14.1. bis 5.2.09

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Michel
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Beitragvon Michel » 30.03.2009 09:59

Hallo Sarah,
ich kann mich sehr gut in deine Situation versetzen. Mir geht es heute, nach 3 Jahren noch manchmal so. Vielleicht solltest du dich mal mit ein Psychotherapeuten darüber unterhalten. Du wirst sehen, das hilft.
LG Michel
MH IIA mit Risiko, 4 Zyklen ABVD + Bestrahlung. Seit Jan.06 sauber.

salita
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Beitragvon salita » 30.03.2009 12:59

Hallo,

vielen vielen Dank für die vielen lieben Worte, das Verständnis und auch den ein oder anderen Tritt in den Hintern... Ihr seid alle echt toll :) !!!

Wenn ich ansonsten in meinem Umfeld über solche Dinge rede, bekomme ich in der Regel nur ein "naja, wird schon nichts sein", "geh mal zum Arzt" oder ein "hmm (dabei betroffen und ratlos gucken)" + Themawechsel als Reaktion, da fragt man sich schon mal, ob man nun völlig bekloppt ist oder den anderen jetzt zuviel zumutet...
(Das meine ich überhaupt nicht als Vorwurf an meine Freunde/Kollegen etc., nur trifft man nicht unbedingt auf allzuviel Verständnis - ist ja auch eigentlich gut, dass Leute Mitte 20 sich eher mit dem Leben als mit Krankheit und Tod beschäftigen wollen/können. Naja, egal, darum solls jetzt nicht gehen.)

Ihr habt mir jedenfalls echt gut getan :)
Eure wieder etwas entspanntere Sarah, die jetzt raus in die Sonne geht
2008 MH IIb - 2 x ABVD + 30 gy

seither Vollremission

Gaby
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Beitragvon Gaby » 30.03.2009 20:05

Hallo liebe Sarah,
zunächst mal, muss ich dir sagen, ich kann dich sehr gut verstehen. Meine Therapie ist seit Ende 2004 vorbei und seither bin ich rezidivfrei (toi, toi, toi). Aber: die Angst vor einer neuen Diagnosestellung oder das eigene Feststellen von etwas was da nicht hingehört, dass kann mir auch keiner nehmen. Es wird weniger, das kann ich dir versprechen (auch wenn ich es auch erst nicht glauben wollte), wenn deine Nachsorgeabstände größer werden. Bis dahin half mir ein Spruch aus der AHB von meiner Psychoonkologin:
"Ich habe Angst, aber die Angst hat nicht mich!"
Lieben Gruß Gaby
PS: von wo aus Norddeutschland kommst du denn? Ich komme aus der Nähe von Kiel

Gudrun Rehder
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Registriert: 09.07.2008 15:44

Beitragvon Gudrun Rehder » 01.04.2009 18:39

Hallo Sarah bei mir war es nach meiner Therapie ähnlich, ich nahm viel Novalgin und Ibuprofen und habe zu Hause nichts mehr auf die Reihe bekommen war immer müde und Nachts bin ich durchs Haus gelaufen dachte das kommt weil ich nur zu Hause bin und fing wieder an zu arbeiten das war zwar schwer aber so konnte ich ja sagen ich bin Gesund und nur kaputt von der Arbeit. Nach der Sache mit meinem Dad wurde es aber so schlimm das ich gar nicht mehr schlief und nur noch Schmerzen hatte und mich mehr oder weniger nur noch von Schmerzmitteln ernährt habe.Ich ging deshalb zum Psychologen.Der Doc sagte mir ich muß mir meinen Körper vorstellen wie eine Batterie und durch meine Krankheit und die Krankheit und den Tod meines Vaters und was sonst noch alles bei uns so passiert ist kann sich meine Batterie nicht mehr nicht mehr aufladen und sagte ich habe schwere Depressionen. Jetzt mache ich eine ambulante Schmerztherapie mal sehen was es bringt. Hoffe das es Dir bald besser geht.

Bis bald
Gudrun
MH Stadium IInb Mischtyp 2Zyklen ABVD und Bestrahlung 30g


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