Nachdem ich nun in den letzten Wochen bereits das Forum eifrig zum nachlesen und recherchieren genutzt habe, dachte ich, es wäre an der Zeit mich einmal vorzustellen.
Ich bin 24 Jahre alt, komme eigentlich aus Hamburg, studiere in Mannheim und seit Mitte Januar weiß ich, dass ich MH habe. Ich bin ein Stadium 2A und habe einen sehr großen Mediastinaltumor.
Behandelt werde ich nach den Ergebnissen der HD-14 Studie, sprich 2 Mal BEACOPP esk, 2 Mal ABVD, 30 Gy Strahlung. Soweit mir das mein Arzt gesagt hat gibt es zu meinem Stadium aktuell keine Studie der Forschungsgruppe in die neue Patienten aufgenommen werden. Weiß da wer was aktuelles?
Nun ja, im Moment bin ich an Tag 14 meines zweiten BEACOPP-Zyklus und es geht mir eigentlich sehr gut. Die erste Woche ist zwar immer hart gewesen, aber gottseidank bin ich von größeren Nebenwirkungen verschont geblieben. Klar hat sich der Geschmack verändert, mir war immer wieder flau, das Cortison hat mir eine enorme Hitze im Körper gemacht, ich war teilweise geistig eine richtige Kartoffel, die Leukos sind in den Keller, die Schleimhäute im Mund trocknen aus, ich schlafe nachts nicht richtig durch, von den Enantonen habe ich Hitzewallungen und ich bin natürlich generell einfach schlapp - aber alles in allem komme ich derzeit ganz gut weg. Nur eine paar harte Nächte hatte ich, einmal wegen der ersten Neulasta-ladung und dann wegen des Decortins. Aber ich habe heute einen guten Tag, wie ihr euch sicherlich denken könnt

Meine Blutwerte waren zwar immer mal ein paar Tage im Keller, aber sie haben sich dann auch immer wieder erholt und ich habe mir auch gottseidank keine Infektion geholt. *auf Holz klopf*
Behandelt werde ich in einer onkologischen Schwerpunktpraxis, und ich muss sagen ich habe bisher nur beste Erfahrungen mit meinem Arzt und dem Personal dort gemacht. Mein Arzt scheint auf dem Gebiet echt bescheid zu wissen, er kümmert sich, und er ist das ganze eigentlich komplett systematisch angegangen. Die Praxis hat auch ein Studienzentrum und ist mit den Kliniken hier in Mannheim vernetzt. Gerade in Vorbereitung auf die Chemo ging bei mir eigentlich alles recht problemlos. Für alles wusste mein Arzt die Ansprechpartner und so konnten wir Schritt für Schritt die wichtigen Dinge abhaken (Kinderwunsch, Histo meines "Knötchens", Knochenmarkspunktion, Herz und Lunge, diverse CTs und MRTs - aber was sag ich, ihr kennt das Programm). Also ich fühle mich echt gut versorgt und bin froh, dass ich von Anfang an an der richtigen Stelle war. Aus einiger eurer Beiträge habe ich entnommen, dass das nicht immer die Regel ist.
Dennoch, wenn ich hier so sitze, an einem Tag an dem ich mich primär eigentlich nicht krank fühle, und euch über meine Krankheit berichte, dann werde ich doch wieder ein bisschen nachdenklich. Es hat sich schon auf einmal alles verändert. In einem Moment denkst du noch, dass du die nächsten 6 Monate Diplomarbeit schreiben willst, im nächsten heißt es man muss Chemo machen und hat Krebs. Ein Schock für mich und alle um mich rum. Ich habe das Glück, dass meine Familie, mein Freund und alle um mich rum voll hinter mir stehen. Sie geben viel für mich auf. Mein Freund war in den ersten 4 Wochen bei jeder Untersuchung dabei, meine Mutter kommt extra aus Hamburg und schläft bei mir in der 40 qm Wohnung in der Küche um mich während der harten Chemo-Wochen zu pflegen, mein Vater lebt lange Wochen alleine in Hamburg geht zur Arbeit und setzt sich am Wochenende ins Auto und fährt 1200 km um uns zu sehen, meine beste Freundin zahlt 1000 Euro für einen Flug und besucht mich aus den Staaten, meine Freund backen für mich, schicken mir liebe Karten und Blumen, verstehen wenn ich mal nicht anrufe oder maile.... Ich habe es schon verdammt gut. Und trotzdem. Manchmal könnte ich einfach nur heulen. Nicht im Moment, aber wenn man dann doch mal in den Spiegel schaut und merkt, dass man sich sein inneres Bild immer noch mit Haaren vorstellt, dann übermannt das einen alles. Es ist auf einmal alles so anders. Das Leben ist völlig auf Halt. Es geht nur darum gesund zu werden und nichts anderes. Es tut mir so leid für alle meine Lieben, dass sie das mit mir durchmachen müssen. Geht euch das auch so?
Ich habe manchmal echt ein schlechtes Gewissen. Mein Freund muss seine Bachelorarbeit in der Uni schreiben, und trotzdem macht er mir jeden Morgen Frühstück, geht mit mir zur Chemo, kauft für uns ein, wäscht das Geschirr. Und ich kann ihm in dem Sinne nicht mal eine richtige Freundin sein, weil ich manchmal nicht einmal den Kopf habe mir die Erlebnisse seines Tages anzuhören. Es ist einfach frustrierend zu merken, wie wenig wirklich ohne gesunden Körper geht. Eigentlich kaum etwas.
Ich denke mir manchmal, die Krankheit ist vielleicht sowas wie eine Mahnung an mich. Was sind denn wirklich die wichtigen Dinge im Leben? Die Familie und die Freunde. Was bringt es einem denn, wenn man nur Stress hat und immer arbeitet? Man muss jeden Tag geniessen und darf dafür auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen haben. Das Leben ist so voll mti Müssen und Sollen. Soviel Zeit verschwenden wir mit unschönen Dingen, dabei ist Zeit doch eigentlich mehr wert, als alles andere.
OK, mal weg von der philosophischen Seite

Ich freue mich auf jeden Fall hier dabei zu sein! Ich habe wie gesagt bereits immer mal in ein paar Threads gelesen und jetzt war es mal an der Zeit aktiv ein Teil zu werden. Ich freue mich auf den Austausch mit euch und habe zum Abschluss ein, zwei Dinge, zu denen ihr mir mit euren Erfahrung vielleicht Feedback geben könnt:
1) Ich wechsle im April von BEACOPP auf ABVD, habe auch dazu schon ein bisschen was gelesen. Werde mich erstmal mit Emend und Omeprazol versuchen gegen das Dacarbazin zu wehren. Konkret aber nun: Wer von euch hat den Wechsel auch schonmal so vollzogen? Wann hat man da so zeitlich am meisten mit den Nebenwirkungen zu kämpfen? Bisher war das immer so, dass es an den Infusionstagen selber und um sie herum die harte Zeit war, es aber danach Tag für Tag immer besser wurde.
2) Habe während der BEACOPP Neulasta bekommen. Je nach Blutwerten kriege ich das im ABVD nochmal, sagte mein Arzt. Wie sind da die Erfahrungen? Gibt es viele die Neulasta im ABVD brauchen/bekommen?
3) Bisher wurde seit Beginn der Chemo nicht mehr auf meinen Knoten geschaut. Bei mir wird das erste CT wohl nach Ablauf der Chemo gemacht. Ist das die Regel in diesem Stadium?
Ich freue mich auf eure Antworten und darauf, euch kennenzulernen.
Viele Grüsse,
Janine