Da ich gefragt wurde, wie eine Rezidiv-Therapie abläuft, hier eine Darstellung:
Erst mal der formale Aufbau:
http://www.medizin.uni-koeln.de/klinike ... 200706.pdf
http://www.lymphome.de/Gruppen/GHSG/Pro ... wchart.pdf
Der momentane Stand ist, dass Patienten anscheinend von dem langen Arm mit der sequentiellen Hochdosistherapie NICHT profitieren. Daher wird dieser vermutlich für "normale" Rezidive nicht angewandt werden, wohl aber für Früh-Progresse. D.h. die Rezidiv-Therapie sieht dann so aus:
2 x DHAP (jew. ca. 3 Wochen)
BEAM (Hochdosistherapie) (3-5 Wochen)
ggf. Bestrahlung bei positiver Pet. (3 Wochen)
Mit 1-2 Unterbrechungen wg. Infekten muss man rechnen, vor der BEstrahlung sind auf jeden Fall 2-3 Wochen Pause.
Bei mir lief es aber anders, da sie sagten, dass bei einem so frühen und schnellen Progress (innerhalb 2 Monaten von 2 auf 7,5 cm) von einer sehr aggressiven Tumorbiologie ausgegangen werden muss - sprich: Haun wir alles drauf, was geht. Daher lief es bei mir so:
Staging (CT)
Port legen (oder ZVK Zentraler Venenkatheter)
2 x DHAP
Staging (CT & PET)
1 x Etoposid, Hochdosiert (sog. sequentielle HD)
1 x Cyclophosphamid, Hochdosiert (sog. sequentielle HD)
Staging (CT & PET)
BEAM
Staging (CT & PET) (weil ich unbedingt wollte)
Bestrahlung
Staging (CT & PET)
MTX wurde weggelassen, da wohl bei MH nicht so erfolgsversprechend. Retuximab (Antikörper) wird zusätzlich gegeben, wenn der Tumor die entsprechenden Oberflächenmerkmale hat (bei mir nicht)
Alles wurde stationär durchgeführt, allerdings ging es mir so gut, dass ich bei jeder Gelegenheit das Krankenhaus verlassen habe, sprich, ich war nachmittags nie da.
Wie ist DHAP?
Es ist wieder das Muster Chemo plus Kortison. Der Wirkstoff ist Cisplatin. Die Infusion läuft 24 Stunden an Tag 1, an den nächsten 2 Tagen gibt es jew. 2 Infusionen a 4 Stunden Alaxan. Die Nebenwirkungen sind: Wunder Mund, stark nierentoxisch (man kriegt ohne Ende Wasser = ständig aufs Klo), Hörschädigung (auch irreversibel), daher sollte VOR der Therapie ein Hortest gemacht werden, falls sich das auf die Berufsfähigkeit auswirkt. Da bei mir nach dem ersten Zyklus starke Hörprobleme auftraten hat man sich entschieden, auf Carboplatin umzusteigen, welches von der Wirkung identisch ist, aber insgesamt weniger toxisch – das war eine echte Wohltat … Warum man das nicht gleich nimmt? Ist teurer!! (Könnte ich schon wieder ausflippen, wenn ich drüber nachdenke)
Wie läuft das mit den Stammzellen?
Bei mir wurde nach den 2 Zyklen DHAP die "Apherese" durchgeführt, der Zeitpunkt kann aber variieren. Wenn mein Knochenmark befallen gewesen wäre, hätte man sie erst später, z.B. nach Eto gemacht, um das Risiko zu vermindern, dass Krebszellen im Blut herumgeistern, die dann mit in den Beutel gelangen.
Konkret bekommt man nach dem Chemo Zyklus die doppelte Dosis von G-CSF (Neupogen oder so), dadurch vermehren sich die Stammzellen im Knochenmark dann so heftig, dass sie irgendwann im Blut herumschwimmen. Es wird dann jeden Tag gemessen, wie viele Stammzellen unterwegs sind und wenn genügend da sind gehts los. Wenn man (anders als ich) gute Venen hat, ist der eigentliche Vorgang ziemlich undramatisch. Man bekommt in jeden Arm eine (ziemlich fette) Vigo und dann wird aus dem einen Arm Blut abgezapft, das läuft durch den "REinigungsapparat" und in den anderen Arm geht es wieder rein. Je nachdem, wie viele Stammzellen rumschwimmen, kann es sein, dass dieser Vorgang bis zu 3 mal wiederholt werden muss mit jew. 3 Stunden. Ich war allerdings nach einer BEhandlung von 2 Stunden fertig. Dafür hat man mich aber 8 mal gestochen und schließlich eine abenteuerliche Konstruktion aus Port und Zugang in die Halsvene gebastelt - die mich zu 2 Stunden komplette Regungslosigkeit verdonnerte. Andere bekommen einen ZVK, das wollte ich aber unbedingt vermeiden. Anschließend wird gezählt, man braucht mindestens 4 Mio Stammzellen für die Transplantation.
Wie geht die Hochdosis (BEAM) & autologe Transplantation vor sich?
In Köln wird das auf einer geschlossenen Station gemacht, in anderen Kliniken läuft das auch auf der normalen Station (was Studien zufolge auch völlig o.K. ist). Man bekommt über 4 Tage Medikamente, eigentlich alles alte Bekannte, Etoposid, Cytarabine, Melphalan, nur halt höher dosiert. Dann sind 1-2 Tage Pause und man bekommt seine eigenen Stammzellen verabreicht. Das läuft so, dass die auf eine Riesen-Spritze aufgezogen werden und dann bekommt man sie "mit Schwung". Das man Tomatengeschmack im Mund hat ist ja bekannt, Kaugummi hilft, ist aber trotzdem ekelig. Das Ganze dauert aber keine 10 Minuten, es kann einem etwas übel werden. Die Tage werden dann ab der Stammzellenrückgabe gezählt. Ca. Tag 2 - 4 ist man in Aplasie, kaputter Mund dann ab ca. Tag 4, daneben muss man mit Bauchschmerzen, Durchfall, Fieber rechnen. Fast alle bekommen irgendwann einen Infekt. Fast alle werden ein paar Tage künstlich ernährt. Ab Tag 8 steigen dann aber die Blutwerte schon an und ca. Tag 10 geht es dem Mund schon viel besser. Raus aus der Aplasie kann man ca. ab Tag 12 sein. Wenn man ohne größere Infekte auskommt und selbst essen kann, dann ist es also möglich, nach insgesamt 3 Wochen fertig zu sein mit allem. Die meisten müssen aber länger bleiben, weil sie noch nicht wieder essen können oder noch einen Infekt haben. Meine Empfehlung: Versuchen, immer wenigstens ein bisschen zu essen (dann regeneriert sich die eigene Verdauung viel schneller), brav das ganze Mundhygiene-Programm (neben Ampho gibt’s Betaisodona und noch ein anderes Zeug) absolvieren, den ganzen Tag Kamillentee trinken, schon bevor die Schmerzen einsetzen nur ganz vorsichtig mit superweicher Zahnbürste im Mund fuhrwerken – Stellen, die man sich jetzt reißt, heilen nicht mehr.
Welche Nebenwirkungen?
Neben den beschriebenen (hauptsächlich nervig: der Mund, der auch schon unter DHAP leidet): Man verliert wieder sein Haar, einige schon gleich im ersten DHAP-Zyklus, andere (wie ich) erst später. Ansonsten fand ich es von der körperlichen Verfassung nicht anders als unter BEACOPP. Allerdings ist man schon länger und tiefer in Aplasie, daher macht es wohl Sinn, dass das Ganze stationär läuft (auch wenn ich mich dagegen gewehrt hab). Ich hatte auch öfter mal Fieber, als in der Ersttherapie. Mit Übelkeit hatte ich keine größeren Probleme, als bei der Ersttherapie, hab auch weiterhin auf "mein" Emend bestanden, nur vom Mesna (hatte ich glaub ich beim Eto bekommen als Gegenmittel gegen Blasentoxität) wurde mir schlecht.
Wie lange dauert das Ganze?
Ich war insgesamt 5 Monate beschäftigt inklusive Strahlentherapie. Dazwischen hatte ich einmal eine Woche und einmal 2 Wochen Urlaub.
Tja, ich schätze, es meldet sich jetzt keiner freiwillig, oder

Bei Fragen: Immer gern!
Herzlichen Gruß
frühling06