Mitten im Studium...

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maikom
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Beitragvon maikom » 10.12.2014 12:53

Hallo Mille,

wie die Zeit vergeht....mir ist immer noch als wäre es gestern wo Emanuel noch unter uns war...

Ich hoffe die Zeit heilt langsam eure Wunden, auch wenn es als Vater schwer ist ohne seinen Sohn zu sein.

Maik
Morbus Hodgkin, ED 07/2012, 2A ohne RF,
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nesquicker
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Beitragvon nesquicker » 11.12.2014 18:03

Nicht nur ich leide, sondern auch Angela und Isabell.
Angela ist psychologischer Behandlung.
Isabell lässt aber nicht viel raus. Klar tut Ihr der Verlust von Emanuel auch sehr weh.
Emaunell und Isabell standen sich sehr nahe.
Emaneul hat niemanden bewusst geärgert. Über gewisse Personen konnte er sich aufregen. Aber diese ärgern???
Lt Aussage von Isabell hatte er sie nie geärgert.
Als es Ihm im März 2013 schon ziemlich schlecht ging, haben Sie zusammen Märchen gehört!(ua Bibi Bloxberg)

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Beitragvon nesquicker » 12.12.2014 17:09

Die Bestrahlung am Hals hat ihm mehr zugesetzt, als er erwartet hat.
Die Nebenwirkungen der Bestrahlungen sind schlimmer als die der HD,
sagte er zu mir. Er hoffte, dass bald seine Stimme und vor allem sein Geschmacksinn zurückkehrte.
Ostersonntag'13 waren wir essen. Er nahm zwei Häppchen!!!! von seinem Rostbraten und sagte:er kann nichts essen!. Wir ließen den Rest vom Rostbraten einpacken, damit er später davon essen konnte. Er wollte am Ostersonntag nichts mehr essen.
Ich bin mir sicher, dass der Appetit da war, aber durch die Nebenwirkungen er nichts essen konnte.
Abends spielte er mit seinem Cousin noch Siedler von Catan. Dort entstand das Bild, dass Ihr kennt. Es war die letzte Aufnahme von Ihm.

Die Woche darauf hatte er einen Termin in der Diakonie für die Portentnahme. Er sah äußerst bescheiden aus, hat einen blechernen Husten und fror ständig.
Durch einen Arbeitsunfall war ich zwei Wochen krank geschrieben. Ich hatte mir das Knie verdreht. deswegen konnte ich ihn am Mittwoch in die Klinik fahren. Ich hielt vorm Haupteingang und sagte zu ihm:Mali, tut mir leid, dass ich nicht mit reinkomme. Ich kann doch kaum laufen
Papa, ist schon gut. Danke fürs Fahren.Er holte seine Tasche uns sagte noch:Papa, hier komme ich lange nicht mehr raus Ich habe das gehört aber nicht verstanden. Das er nie mehr rauskommen würde, hätte ich nie gedacht.

Abends rief er an, dass sie bei der Eingangsuntersuchung bei ihm Influenza festgestellt haben. Also Isolierstation..... in der Inneren. Geplant war nur ein kleiner Eingriff zur Portentnahme.

nesquicker
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Beitragvon nesquicker » 13.12.2014 12:13

Die Schwestern waren mit so einem Patienten überfordert. Fast skandalös, dass sich seine Krankenakte nicht auf der Station befand. Sie wussten nichts von seiner MH-Erkrankung. Er beklagte sich, dass er keine Luft bekäme. Doch die Schwestern reagierten nicht drauf.

Wir besuchten ihn am Sonntag. einen Hamburger sollten wir mitbringen. Mitgebracht haben wir 2 Hamburger und eine kleine Tüte Pommes. Für den einen Hamburger hatte er eine halbe Stunde gebraucht, den anderen wollte er nicht mehr, die Pommes aß er auch, obwohl sie schon lange eiskalt waren.
Mental war Emanuel gut drauf. Er lachte sich halber Tod über die Einparkversuche eines jungen Pärchens. Die kamen in die Parklücke nicht rein. Da hätte ich locker mit dem LKW geparkt.

Für uns waren die Besuche unter der Woche schwierig. Beide berufstätig und dann noch die Fahrt nach Stuttgart. Besuch hatte er aber. Montags von deinem besten Freund und Dienstags von Oma und Opa. Abends wollten wir auch vorbeischauen.

Da er in einer Umkehrisolationstation (blödes Wort)war, haben wir vor seinem Zimmer, den Kostümball veranstaltet.
Wir gingen in sein Zimmer und es war leer!!!!!(das Bett und Emanuel fehlte) Welch ein Schock. erst die dritte Schwester die wir fragten, konnte uns Auskunft geben. Er wurde auf die Intensiv verlegt. Was ist passiert?Sie weis es nicht. Ein Onkologe war da und hat ihn sofort in die Intensiv verlegen lassen

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Beitragvon nesquicker » 18.12.2014 17:51

Nach den Schock der Mitteilung gingen wir nochmals in sein leeres Zimmer.
Sein Handy klingelte.....
Leider waren wir zu spät dran, die Nummer kannte ich nicht. Wir nahmen das Handy mit zur Intensiv, alles andere ließen wir da.
An der Intensiv angekommen; erst klingeln und anmelden dann wieder Maskenball. Und endlich standen wir beim Emanuel. Gehetzter Blick, eine Atemmaske vorm Gesicht und sah äußerst bescheiden aus.
Mit Angela hat er noch ein paar Worte gewechselt(geflüstert), mir hat er die Hand gedrückt.
Nach einem Gespräch mit dem Oberarzt, sagte dieser: Emanuel bekommt zu wenig Sauerstoff. Deshalb die Atemmaske. Genauere Untersuchungen machen wir am nächsten Morgen.
Wenn wir gewusst hätten, dass dieser Abend der letzte sein würde, wo Emanuel noch am Bewusstsein gewesen ist, wären wir die ganze Nacht da geblieben.......

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Beitragvon nesquicker » 18.12.2014 17:55

Tut mir leid, dass Ihr meine Erinnerungen mit mit teilen müsst.
Aber für mich, ist das ein Teil der Trauerbewältigung.
Danke für Euer Verständnis
Mille

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maikom
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Beitragvon maikom » 18.12.2014 18:17

Lieber Mille,

wenn nicht hier, wo denn dann ? Aqua war Bestandteil von uns und niemand hat etwas dagegen, wenn du hier etwas teilst.

Das vergangene kann man nicht rückgängig machen, aber durch die Bilder von ihm, die du hier schreibst, lebt er irgendwie ein bisschen weiter....nichts ist schlimmer wie das vergessen werden.

Und so öffnen wir zu Weihnachten eine gute Flasche Wein und heben das Glas auf Aqua....mit ihm konnte man sich köstlich über gutes Essen und gute Getränke unterhalten. Das war ein Teil seiner Welt.

Maik
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Beitragvon nesquicker » 18.12.2014 18:40

Hy Maik,
Du hast Recht.
Für Weihnachten habe ich ein paar gute Tropfen da. Emanuel wäre begeistert.
Leider kann ich nur im Geiste anstossen. Aber er ist dabei!!!!
So was hätte er sich nicht entgehen lassen.

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Droschelchen
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Beitragvon Droschelchen » 19.12.2014 17:12

Lieber Mille,

es macht mich traurig, zu lesen was du über Emanuel schreibst, aber ich finde es gut, dass du es tust. Denn es IST ja schließlich traurig, dass dieser junge lebensfrohe Mensch nicht mehr bei euch/uns sein darf.

Ich habe durch meinen Hodgkin 2 Menschen "kennengelernt, die mich sehr berührt haben und die es leider nicht geschafft haben: Eine alte Frau in der Klinik- und Emanuel. Ich denke immer mal wieder an beide...

Emanuel ist niemals ganz fort. Er wird nicht vergessen!
Liebe Grüße, Droschel


http://forum.hodgkin-info.de/viewtopic.php?t=5153

Diagnose MH: 7.10.2011
IIA mit RF 3 befallene Regionen

14.11.2011-24.04.2012:
2x BEACOPP esk., 2x ABVD, Bestrahlung 30 GY

06.06.2012. Komplette Remission

1. NU am 05.09.2012: Alles bestens!
Portentnahme am 10.07.2013
8. NU am 21.01.2015: Alles gut

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Beitragvon nesquicker » 20.12.2014 20:03

Am nächten Morgen, es war ein Mittwoch, bekam ich kurz vorm Vesper einen Anruf aus der Diakonie:Herr Börsken, Ihr Sohn hat sich auf eigenem Wunsch gerade intubieren lassen. Was ist das? Einen Luftröhrenschnitt, damit sie einen Schlauch in die Lunge legen können. Dafür haben wir ihn ins künstliche Koma versetzt.

Ich verstand nur Bahnhof. Emanuel im Koma......
Ich informierte meinen Chef, dass ich in die Klinik musste. Ich rief Angela in der Firma an, holte Isabell aus Ihren Klausuren an der Uni. Bis Angela und Isabell da waren, war es Mittag vorbei. Wir fuhren mit großer Sorge in die Klinik.
Wir dachten auch hier nicht, dass wir dieses nun vier Wochen lang jeden Tag tun würden.

tanja
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Beitragvon tanja » 21.12.2014 01:15

Ach ich könnt heulen wenn ich das lese, .....mir tut das alles so Leid für euch.
Das Leben ist einfach nicht gerecht.

Emanuel wird immer bei euch sein, in euren Herzen weiterleben.

Ich bin wirklich sehr traurig das er nicht mehr da ist.

Droschelchen hat recht!!!! Er wird nicht vergessen.

Ich habe heute den Satz entdeckt, mir ging er sehr nahe!


"IM HIMMEL HABE ICH EINEN MENSCHEN FÜR DENN ICH ALLES MACHEN WÜRDE, UM IHN NOCH EINMAL UMARMEN ZU KÖNNEN."


Leider geht das ja nicht, aber er wird in euren Gedanke und Erinnerungen. weiterleben.
MORBUS HODGKIN STADIUM 1A/MEDIASTINUM/ 2 ZYKLEN ABVD
ZYKLUS 1 - 06.02.12 UND 23.02.12 / ZYKLUS 2 - 08.03.12 UND 22.03.12
12.04.12 PET/CT sauber
24.04.12 bis 08.05.12 Bestrahlung mit 20 gy

07.08.12 1. NU alles prima
30.10.12 MRT
31.10.12 2. NU perfekt
29.01.13 3. NU super
07.05.13 4. NU
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden. Mark Twain

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Beitragvon nesquicker » 21.12.2014 20:43

Ich finde es toll, dass Emanuel nicht vergessen ist.
Mit so einer Umarmung habe ich keine Probleme, eher Emanuel. Wenigstens bei den Eltern. Wenn ich ihn umarmt habe, dann dieser Kommentar:Lass das rumgeschwule!

Als wir endlich an der Intensiv angekommen waren.....erst mal warten(Dies ist uns öfters passiert, dass wir nicht sofort zu Emanuel durften. In Tübingen haben wir einmal fast zwei Stunden gewartet. Wurde er für uns präpariert?? oder schön gemacht??)
Als wir rein durften, die übliche Prozedur. Umziehen, dass ganze Programm:
Kittel, Haube, Mundschutz und Handschuhe.
dann standen wir endlich vor ihm und waren entsetzt. Er sah aus als hätte er eine üble Schlägerei hinter sich. Hämatome in der linken Gesichtshälfte, an den Armen, und einen Schlauch in der Kehle
Die Schwestern erklärten dies mit einer Durchblutungsstörung und bla, bla, bla.
Wir vermuteten eher, dass er in seiner Atemnot und der der Panik aus dem Bett gefallen war. Emanuel hatte ja schon starke Schmerzmittel bekommen.

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Beitragvon nesquicker » 04.02.2015 17:50

Emaunel war tief im Koma.
Wir konnten mit ihm reden, aber wir bekamen keine Antwort. Wir redeten mit ihm trotzdem. Wir hielten seine Hände, streichelten ihn.

Der Chefarzt der Intensiv kam zu uns, und erklärte uns, viele Untersuchungen können sich gerade nicht machen, zu riskant.
Auf den Hodgkin angesprochen: Er kann da nicht viel zusagen,Er ist Internist und kein Onkologe. Für den Hodgkin kommt nachher der Onkologe. Erstes Ziel ist es die Influenza in den Griff zu kriegen.

Angeblich war die Influenza medikamentös weiter nicht mehr zu behandeln. Für uns Laien, nicht nach vollziehbar.

Der Onkologe sagte uns später:Solange die Influenza da, ist kann er den Rezidiv nicht behandeln. Er stehe aber in den Startlöchern.
Chemotechnisch war Emanuel auch ausgereizt. Für ihn kam nur noch eine Eigenkörpertherapie und Stammzellentransplation in Frage.

Jeden Tag in die Klinik. Bis mittags gearbeitet, umziehen und losfahren.
Für Hausarbeit blieb kaum noch Zeit(es gab wichtigeres). Nach den vier Wochen stellten wir fest, dass Ameisen unsere Küche erobert hatten......
Nach der Klinik hatten wir immer einen Heißhunger. Fürs Kochen blieb keine Zeit. Also fast Food: Pizza, Mäcces, Döner....
Unser Seelsorger sagte uns: Kein Wunder, ihr seit im seelischen Stress. der Körper zehrt von seinen Reserven. Und da Ihr enormes durchmacht, braucht der Körper mehr Energie
Fast Food ist mit Sicherheit nicht die richtige Stärkung. Aber wir hatten anders keine Zeit.
Hauptsache Hunger gestillt, heim gefahren, ab ins Bett und am nächsten Tag das gleiche wieder.... Täglich grüßt das Murmeltier, leider ohne Happy End.

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Beitragvon nesquicker » 08.02.2015 21:44

Als wir am nächsten Tag in die Klinik sind, eine Überraschung. Emanuel lag in so einer Art Schaukelbett. Rechts links, alles auf dem Bauch.
Auf die Frage hin wieso, zur Entlastung der Lunge
Seine Hämatome hatte er noch, und die ganzen Werte waren eigentlich für den A......
Die Ärzte beendeten das Schaukelspiel am nächsten Tag. Seine Werte waren noch viel schlechter. Schlechter ging es eigentlich nicht mehr. Fazit.: Emanuel hat das Schaukeln nicht gefallen, obwohl die Ärzte soviel Hoffnung darauf gesetzt hatten.

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Beitragvon nesquicker » 11.02.2015 17:54

Der nächste Tag wartete endlich mal mit einer positiven Nachricht auf uns.
Die Werte sind deutlich besser, der Daumen zeigt nach oben. Endlich geht es aufwärts dachten wir.
Auch die Schlaf und Schmerzmittel waren nicht mehr so stark. Dadurch, dass er nicht mehr so tief im Koma, war wurde er aktiver. Seine Hände mussten festgebunden werden, damit er sich nicht den Schlauch aus den Hals riss.
er reagierte deutlich auf uns.
Wir erzählten ihm, dass es endlich wärmer wurde und der Frühling kommt.
Wir stellten ein kleines Radio auf, dass er nicht immer das Gepiepse der Geräte hören musste.

Als wir ihm sagten: Mali, wir gehen, jetzt wieder schwang sich tatsächlich ein Bein aus dem Bett.
Und seine Lippen formten den Satz: Bleibt doch noch!

Was wir nicht ahnen konnten, es war für uns das letzte aktive Lebenszeichen von Emanuel.


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