ich hab mir jetzt nen Glas Rotwein geschnappt

Die auf dem Kongress gehaltenen Vortragsunterlagen sollen außerdem später auf den Seiten der DLH herunterzuladen sein. Eben war allerdings noch nichts drauf. Jedenfalls nicht so, daß ich es finden konnte.

Zur Eröffnung um 10:00 waren etwa 50 Zuhörer anwesend. Bianca (meine Freundin) war noch mit und zusammen dürften wir den Altersdurchschnitt erheblich gesenkt haben. Später sind dann doch noch einige nachgekommen und es waren bestimmt 100-150 Besucher dort. Auch einige jüngere.
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In der Eröffnungsrede von Frau Waldmann (Vorsitzende der DLH) ging es um die Bedeutung und Ziele der Selbsthilfeorganisationen. Für mich gab der Vortrag nicht sehr viel neues her. Frau Waldmann meinte jedoch zwischendurch, daß die Internet-Selbsthilfe sehr erfolgreich ist!

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Danach gab es einen sehr gut gemachten Vortrag von Frau Dr. Tanja Vollmer. Sie ist Psychoonkologin an der Ludwig-Maximlian-Uni in München. Thema war "Wunsch & Realität der Psychoonkologischen Betreuung" - dementsprechend hat sie sieben häufig geäußerte Wünsche von Patienten herausgesucht und diese mit der Realität verglichen:
1.) Seele erkennen (Soll heißen, die Probleme des Patienten sollen überhaupt erst mal erkannt werden)
- Die Belastung durch die Krebserkrankung kann zusätzlich auch noch zu psychologischen Erkrankungen führen
- 45 % der stationär behandelten Patienten stufen sich selbst als betreuungsbedürftig ein, aber nur 25% der Ärzte und 18% des Pflegepersonals sehen das auch so.
2.) gezielte Hilfe erhalten
- Für Patienten ist wichtig, rund um die Uhr Hilfe erhalten zu können, ohne dafür viel Energie aufwenden zu müssen.
- Psychoonkologische Hilfe ist vor allem dann gut, wenn sie dem Patienten das Gefühl gibt, hinterher selbst etwas tun zu können
3.) Angst besiegen
- hier hat sie eine interessante Kurve gezeigt, die die Angstintensität von Patienten über den gesamten Verlauf (vom ersten eigenen Verdacht über Diagnose, Therapie bishin zur Abschlußuntersuchung) als Kurve darstellt. Hat mir zwar keine neuen Erkenntnisse gebracht, aber ich konnte mich gut drin wiedererkennen.

4.) Sinn finden
- Die Suche nach einem Sinn der Krankheit ist wichtig für die Krankheitsbewältigung! Sie ist aber belastend, wenn der Patient damit alleingelassen wird.
5.) Familie unterstützen
- Viele Patienten haben den Wunsch, etwas für ihre Angehörigen zu tun, jedoch ohne diese ständig selbst stützen, bzw. trösten zu müssen
- Die familiäre Belastung kann auch bei Angehörigen Krankheiten verursachen oder zu sozialen Problemen führen
- Auch die Angehörigen brauchen daher teilweise psychoonkologische Betreuung.
6.) Ein Ort zum Auftanken
- Zu diesem Punkt hatte ich mir keine Notizen gemacht. Damit konnte ich irgendwie nichts anfangen.

7.) Überleben und Zeit gewinnen
- Psychoonkologische Betreuung hat keinen Einfluß auf die Überlebensdauer! Aber auf die Lebensqualität und -Intensivität
Fazit:
- Psychoonkologische Betreuung ist ganz toll!
- Es bekommen bei weitem nicht alle Patienten psychoonkologische Betreuung, die diese benötigen
- psychoonkologische Betreuung kann psychologische Folgeerkrankungen verhindern
- Die Krankenkassen zahlen viel zu wenig
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Auf der Suche nach dem Pausenraum sind wir dann etwas durchs Kongresszentrum geirrt, bis wir eine hilfsbereite Ordnerin gefunden haben. Von einer Kaffeepause wußte sie nichts, hat mich aber gefragt, ob ich mich bereits angemeldet habe. Hatte ich nicht, also hat sie mir den Weg dorthin erklärt. Mir war zwar nicht ganz klar, warum ich mich anmelden sollte, aber ok. An der Anmeldung haben sie dann verzweifelt mit zwei Leuten


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Danach fingen verschiedene Workshops an. Ich war natürlich bei "Lymphome". Dummerweise waren die Vortragsinhalte wohl vorgegeben, so daß die beiden Vortragenden (Dr. Reiser aus Köln und Dr. Weide aus Koblenz) den Morbus Hodgkin überhaupt nicht erwähnt haben. Es ging also vor allem um CLL und NHL). Da ich mich mit den beiden lange nicht so gut auskenne wie mit MH, konnte ich die Informationen nicht so gut in wichtig und unwichtig einstufen. Für einen NHLer wäre es sicher sehr interessant gewesen.
Folgendes sind daher einfach Informationsschnipsel aus dem Vortrag, die ich weitergebenswert fand:
- Lymphknotenentnahme ist heute gar nicht mehr unbedingt notwendig. Mit einer CT-gesteuerten Biopsie läßt sich oft genauso gut eine Diagnose stellen.
- Zur Festlegung der Prognose gibt es die Verfahren IPI und FLIPI. Dabei bekommt der Patient Punkte für bestimmte Merkmale (z.B. Alter > 60). Die Erreichte Punktzahl steht dann für eine gute oder schlechte Prognose.
- Eine Studie hat ergeben, daß eine Erstbehandlung mit Hochdosis-Chemo keine signifikant besseren Ergebnisse bringt als eine Standardtherapie.
- Es wurde das Ergebnis einer Studie vorweggenommen, das erst in zwei Monaten veröffentlich wird. Die Studie vergleicht die Therapie 6xCHOP 14 + Rituximab mit 6xCHOP ohne Rituximab, 8xChop 21 mit Rituximab und 8xCHOP21 ohne Rituximab. Dazu jeweils Bestrahlung mit 36Gy bei Bulk oder Extranodalbefall. Als erfolgreichste dieser Therapien hat sich 6xCHOP14 mit Rituximab herausgestellt..
Nimmt jemand an dieser Studie teil?
- Seit ca. zwei Jahren gibt es den Verdacht, daß NHL doch vererbbar sein könnte.
- Grippeschutzimpfungen sollte man während der Chemo nicht machen. Sie sind aber empfehlenswert bei Angehörigen.
- In der herumgegebenen Teilnehmerliste für den Workshop sollte man übrigens auch eintragen, welche Krankheit man hat. Bei etwa einem Drittel stand nur: "Lymphom".

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Hinterher gab es noch einen Lunchtalk mit einer MDR-Moderatorin die ich nicht kannte. Ich habe nur kurz reingeschaut, da mich das nicht mehr so interessiert hat und ich auch kaum noch aufnahmefähig war. Vor allem ist mir dort aufgefallen, daß es Schnittchen mit vier verschieden Sorten Belag gab, sowie Obst. In dem Raum wo ich mich kurz vorher satt gegessen hatte gab es nur zwei Sorten Belag (Salami und Käse) und kein Obst.
Mist! Wieder am falschen Ort gewesen!

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Insgesamt war die Veranstaltung sehr interessant, auch wenn ich mir vor allem vom Workshop mehr versprochen hatte. Es hat sich aber allein schon für die ganzen DLH-Ratgeber gelohnt, die man ja sonst selten so vollständig vorfindet.
Ich hoffe, nach der ganzen Tipperei

Holger