Man ist nur so krank, wie man sich fühlt

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Cream
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Man ist nur so krank, wie man sich fühlt

Beitragvon Cream » 14.01.2012 18:49

Da ich immer gerne meine Geschichte erzähle, möchte ich auch euch teilhaben lassen.

Wenn ich zurück denke, muss es wohl ca. 1 Jahr her sein, dass ich gemerkt habe, dass mit mir irgendwas nicht stimmen kann, ich mich einfach nicht mehr in meinem Körper wohlgefühlt habe. Danach verging aber noch etwas Zeit. Immer mal wieder besuchte ich meinen Arzt des Vetrauens. Erst fühlte ich mich schlapp und ab und zu war mir schwindelig. - Der Kreislauf, natürlich, das war doch für mich und meinen Arzt die Erklärung.
Erhöhte Entzündungswerte? - Eine Gastritis, ich hatte doch so oft Magenschmerzen.
Die Schmerzen links im Nacken? - Orthopäde war sich schnell sicher: "Studenten sitzen zu viel und Sie sollten unbedingt mehr Sport machen und auf eine gute Haltung achten!"
Der Husten? - Lungenentzündung konnte ganz klar ausgeschlossen werden vom Radiologen und der Lungenfachärztin. "Wahrscheinlich eine chronische Bronchitis, deswegen ist der Entzündungswert auch immernoch erhöht!".... Ganz klar!
Durch die Schmerzen an meine Thrombose in der v. subclavia, links erinnert (heute vermuten meine Ärzte, dass auch damals MH die Ursache war, nach neusten Erkenntnissen kann MH die Wahrscheinlichkeit, dass Blutggerinsel entstehen, erhöhen), die mich vor 3 Jahren voll aus der Bahn warf, wollte ich gerne einen Termin in der Gefäßpraxis, in der ich damals behandelt wurde. Dort lässt man aber Menschen mit akuten Schmerzen gerne auch mal einen Monat auf einen Termin warten.
Zwischendurch schloss ein Cardiologe noch schnell eine Herzbeutelentzündung aus und ich freute mich riesig darüber in 2 Wochen 3 Kg abzunehmen. - Muss durch den neuen tollen Nebenjob kommen.
Immernoch auf den Termin in der Gefäßpraxis wartend, bekam ich im wahrsten Sinne des Wortes einen dicken Hals. - "Das ist eine Drüsenentzündung, da geben wir Antibiotikum!" Das dritte Antibiotikum, die Entzündungswerte wurden ja auch nicht besser. "Lieber nochmal eine Blutuntersuchung, könnten ja atypische Erreger sein..." Blabla!
Am 03.09.2011 bin ich ins Krankenhaus gefahren, das mit dem Hals wurde ja nicht besser, sondern noch schlimmer. - Auch da war schnell klar: Die Drüse!! "Wir machen einen Ultraschall am nächsten Morgen"
Puuh, eine Ultraschall an meinem Geburtstag, da hatte ich ja mal gar keine Lust zu. Aber mit Schmerztabletten den Geburtstag irgendwie überleben, das war dann doch auch keine Option. Ich wollte kurz den Ultraschall machen, ein Wundermittelchen bekommen und dann mit meinem Eltern Frühstücken und meinen gewünschten Geburtstagskuchen verspeisen. Daraus wurd nichts, denn ich bekam in der HNO-Ambulanz, dank dieses Utraschalls, die Diagnose Thrombose in der v. jugularis, rechts. - Ach, deswegen war der Hals so dick!
Ich wurde direkt stationär aufgenommen. Großartiger Geburtstag, ich fuhr nach Hause, gönnte mir meinen Kuchen, packte meine Tasche und als ich wieder in Krankenhaus kam, wurde auch da endlich bemerkt, dass es mein Geburtstag war. - "Danke für die Glückwünsche..."
Ich verteufelte mich selbst. Natürlich war ich schuld, dass ich diese Thrombose nun hatte. Ich musste ja auch nach der ersten Thrombose wieder rauchen.... Erleichterung meines Gewissens nur 2 Tage später: "Der Tumor, den wir gefunden haben ist Schuld an der Thrombose, der drückt da auf die Gefäße" - Juhu, ich war nicht Schuld... But what the fuck?! Tumor??
Erste Vermutung der Ärzte? - Lymphom! "Am wahrscheinlichsten ist das ein Lymphom... Sie werden ihre Haare verlieren während der Chemo" - Nach einigen Untersuchungen war bereits am 09.09.2012 klar: "Es ist ein Lymphom, das ist der Jackpot unter den Krebsarten!"

Und ich hab mich gefreut, nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte und das schwierigste geschafft hatte, endlich zu wissen, was mit mir nicht stimmt. Ich weiß noch meine ersten zwei Gedanken, als das Wort Krebs fiel waren: "ich ohne Haare?!" und "Wie sag ich das meiner Famile?"

Ich habe es geschafft meine Krankheit von Anfang an zu akzeptieren. Und hab bis heute immer viel Spaß und gute Laune, wenn ich mich im Krankenhaus befinde. Ich lernte schnell durch Zufall einen Arzt kennen, der 2 Jahre zuvor auch an Morbus Hodgkin erkrankte. Er sah gut aus, arbeitete wieder, sagte mir, dass alles gut werde. Wir stehen immernoch in Kontakt. Ich hab alles auf mich zukommen lassen, nicht darüber nachgedacht, welche Nebenwirkung auf mich zukommen könnten, wie schwer es für mich werden könnte...

Nun stecke ich zwischen Chemo und Bestrahlung. Meine Haare wachsen wieder und ich freu mich darauf bald wieder Gesund zu sein. Und rückblickend würde ich sagen wollen, es gab bessere Zeiten in meinem jungen Leben, aber ich bin super durch die Chemo gekommen, ohne große Nebenwirkungen. Ich weiß nun wer wirklich meine Freunde sind und was ich für eine wunderschöne Kopfform habe. Es gab so viele schöne Momente in dieser Zeit, ich war nicht weniger glücklich. Ich bin stolzer Nichtraucher, habe gelernt Tücher zu binden und weiß nun, dass ich stärker bin als ich dachte.
Morbus Hodgkin, Stadium II A mit Risikofaktoren

27.09.2011 - 20.12.2011
2x BEACOPP eskaliert
2x ABVD

Re-Staging 05.01.2012:
Partielle Remission

ab 31.01.2012 - 23.02.2012
Bestrahlung: 17x 1,8Gy

Laut 1. NU alles tutti

Mällä
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Beitragvon Mällä » 14.01.2012 19:15

Du hast vollkommen Recht das man nur so krank ist wie man sich fühlt :-) mir geht es eigentlich genau so, hab auch Spaß im KH ( mich kennen auch mittlerweile viele).Wenn ich die Chemo bekomme bin ich eigentlich immer on Tour ( am liebsten im Kiosk da gibts so viele tolle Dinge die man Essen kann - Danke Kortison-).Vorallem macht es Spaß Krankenschwestern zu ärgern ( komm sleber aus dem Pflegebereich) bzw. zu unterhalten. Ich find die 4 TAge im KH immer ne kleine Abwechslung von zu HAuse da kenn ich ja schon alles :-)

Find deine Einstellung einfach nur Klasse und erkenne mich selbst :-)
MH, 4E mit Lebervergrößerung
6x BEACOPP
1.Chemo 21.11.11 --fertig :-)
2.Chemo 12.12.11 --fertig :-)
3.Chemo 04.01.12 --fertig :-)
4.Chemo 23.01.12 --fertig :-)
5.Chemo 13.02.12 --fertig :-)
6.Chemo 06.03.12 --fertig :-)
Reha Freiburg vom 14.06.-05.07.2012
12.07.12 1.NU alles schick
19.07.12 Portentnahme
11.10.12 2. NU alles paletti
18.01.13 3.NU alles gut
03.04.13 4.NU alles bestens
02.05.-18.05.2013 2.Reha Freiburg
11.07.2013 5.NU weiterhin alles prima
24.10.2013 6. NU soweit alles OK Wechseljahre beginnen

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yoda
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Beitragvon yoda » 15.01.2012 16:39

Diese Einstellung gefällt mir sehr gut. Auch ich habe selten lamentiert und vor allem immer versucht, alles möglichst positiv zu sehen. Welcome hier!
Morbus Hodgkin Stadium 4B mit Milz-, Leber- und multipler Knochenbefall; Therapieschema: BEACOPP 8x eskaliert
Therapiebeginn: 08.04.09; Therapieende: 16.09.09; alle Nachsorgeuntersuchungen bis 02.04.14 ok Vorstellung/Krankheitsgeschichte

Cream
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Beitragvon Cream » 16.01.2012 12:52

Ja cool Mällä, dann weiter so!! :)

Positives Denken hilft auf jeden Fall.
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Muppet
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Beitragvon Muppet » 17.01.2012 06:40

Hi!! Willkommen hier! Stimmt, mir fallen auch einige lustige Momente ein, die ich ohne die Krankheit nicht erlebt hätte: da war der türkische Mann, der dachte ich wäre der Jackpot-eine deutsche Frau, die zum Islam gehört-meine Freundin meinte damals ich hätte mich mit ihm verabreden sollen, um den romantischen Augenblick abzuwarten, bis er mein Kopftuch lüftet... :D
Unser kleiner Nachbarjunge war total fasziniert-hab ihm erzählt er müsse die Glatze reiben, dann könnte er sich was wünschen. Als ich dann merkte, die Haare kommen wieder, fragte ich ihn ob er mir nicht neue Haare wünschen könnte-er war sowas von stolz, als bei mir tatsächlich Haare kamen... :)
Bei der Chemo war ich das Küken und der eine Mitpatient, weitaus kränker als ich, ließ es sich nicht nehmen, mich mit Wasser zu versorgen, nachdem ich ungeschickt wie ich bin, den ganzen Zeitungsstapel mit meinem Infusionsschlauch weggefegt hab, er war immer vor mir fertig, dann bekam ich seinen Hocker für die Beine...
Ach und meine inzwischen Ex- Chefin war not very amused, wenn ich mit dem Totenkopfkopftuch bei ihr reingeschaut hab.
Ich achte jetzt viel mehr auf mich, siehe der Jobwechsel...
Morbus Hodgkin ST. Ia
2 Zyklen ABVD,
Bestrahlung steht mir noch bevor

Cream
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Beitragvon Cream » 18.01.2012 18:07

Haha die Geschichte mit dem Nachbarjungen ist richtig gut. :)

Für türkisch oder zumindest muslimisch wurde ich auch schon öfter gehalten. Neuerdings präsentiere ich aber gerne meine neue "Haarpracht"... Gut, man sieht die Kopfhaut immernoch, aber ich finds schon bombig. Ich bin nämlich ganz begeistert davon beim Wachstum genau zuzusehen. Mach auch jeden tag ein Foto seit Silvester. :)

Den Punkt, dass ich mehr auf mich achte oder so hab ich noch nicht erreicht. Ich hab zwar Lust auf einen Lebenswandel, aber das macht mich eher verrückt, weil ich unglaublich planlos meiner Zukunft entgegen blicke aber eigentlich kein Bock mehr auf mein Studium hab. Na ja, kommt Zeit kommt Rat oder so... :D
Morbus Hodgkin, Stadium II A mit Risikofaktoren



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Roesti
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Beitragvon Roesti » 19.01.2012 07:01

Ich kann Dir nur beipflichten. Ich bekam auch schon mit der Diagnose die gute Prognose mit auf den Weg und konnte damit ganz gut umgehen und den Kampf aufnehmen. Auch mir blieben schwerwiegende Nebenwirkungen weitestgehend erspart und ich machte alles, worauf ich Lust hatte. Wenn die Leukos es zuließen, bin ich viel mit Freunden unterwegs gewesen, hab geredet und gelacht und meine Krankheit in den Hintergrund geschoben, ohne sie zu verleugnen. Wir haben immer offen darüber gesprochen, aber es war nie das Hauptthema. Zeitweise habe ich mich so gut gefühlt, dass ich große - wirklich große - Spaziergänge gemacht habe und das tat richtig gut, da ich ein Mensch bin, der viel Bewegung braucht.

Therapiemäßig bin ich Dir ein paar Bestrahlungen voraus und ich muss sagen, bis auf die besch... Schluckbeschwerden, die einem schon jedes Essen vergraulen, geht es mir sehr gut. Aber was soll's, der Hunger treib es rein und die letzten 4 Bestrahlungen gehen jetzt auch noch vorbei.

Ich gehe davon aus, dass Mr. Hodgkin sich verabschiedet hat, denn ich fühle mich ingsgesamt besser als vor der Therapie. Und auch psychisch bin ich "gereift" - die Erfahrung, so blöd sie war, war auch weiterführend.

Ich wünsche Dir weiterhin alles Gute und bleib bei Deiner positiven Einstellung - das hilft wirklich!
Ich kann, weil ich will, was ich muss. (Immanuel Kant)
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MH Stadium 2A, RF hohe BSG, Mediastinaltumor 9,5x5,5x5,0, ED 08/11
08/11-12/11 2 x BEACOPP esk. und 2 x ABVD
01/12 Bestrahlung 15 x 2 Gy
16.03.12: CT -> Strahlenpneumonitis!
13.04.12: Beginn von Leben 2.0 - vermutlich geheilt
22.07.14: alle NUs bislang perfekt! Rest schrumpft weiter!
22.12.16: tutti paletti - alles so wie's sein soll - Kraft auch wieder zurück! NU-Intervall nun 9 Monate.
06.06.18: alles bestens - Intervall nun 1 Jahr!

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Muppet
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Beitragvon Muppet » 19.01.2012 13:27

Ich hab meinen Haarwuchs auch fotografisch festgehalten. :) jedes Mal gleiche Pose mit dem Kaninchen im Arm. :)
Da du nicht mehr rauchst, hast du ja doch schon was geändert...
Ich hab mir auch nix festes vorgenommen, aber die falschen Freunde aussortiert, die Station gewechselt, weil meine Kollegen meinten, ich würde übertreiben, weil der Tumor schon längst weg ist...
Wenn ich was haben will, wofür ich früher viel zu geizig war, kauf ich's mir trotzdem. :) Solche Sachen halt.
Morbus Hodgkin ST. Ia

2 Zyklen ABVD,

Bestrahlung steht mir noch bevor

Cream
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Beitragvon Cream » 20.01.2012 21:25

Ja Muppet, stimmt :D Dann hab ich was verändert, irgendwie war es für mich so selbstverständlich...

Cool Roesti, ich hoffe bei mir wird das auch so mit der Bestrahlung. Mein Arzt meinte, dass er sich bei mir da gar keine großen Gedanken mache, was Nebenwirkungen angeht, weil ich die Chemo schon so problemlos überstanden hab. Ich bin nur etwas pissig gerade, weil sich die Bestrahlung eine Woche nach hinten verschiebt und das meine Planungen völlig durcheinander bringt. Dafür wird wohl jetzt doch ein kleineres Feld bestrahlt. Yehaaaa :D

Ich bin auch immer endlos Spazieren gegangen, wenn ich wegen den Leukos nicht so unter Leute sollte. Dass MH sich bei dir verabschiedet hat wünsch ich dir. Ich weiß genau was du meinst, ich fühl mich jetzt eigentlich schon gesund. :)
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