veramed

Forum für alles, was in irgendeiner Weise mit Morbus Hodgkin zu tun hat. Dieses Forum soll in erster Linie aktuell Betroffenen helfen.

Für alles andere steht das "Plauder Forum" bereit.
Tochter
Beiträge: 11
Registriert: 23.05.2010 02:25
Wohnort: Hamburg

veramed

Beitragvon Tochter » 22.07.2010 23:51

Hallo zusammen,

vielleicht erinnert ihr Euch noch an meine Mom - sie hat die Diagnose im Mai erhalten und zieht ihre Chemo nun gerade aus religiösen Gründen ohne Bluttransfusion durch. Nach dem ihr uns zum Start so toll mit Eurem Input geholfen habt, wollte ich einfach mal kurz erzählen, was bisher geschah.

Es geht ihr sehr gut. Sie hat seit gestern den 2. Zyklus rum und der HB hält sich (ob Dank EPO oder dem festen Glauben an die Selbsheilungskräfte - keine Ahnung) recht konstant auf 11. Die Leukos sinken immer ziemlich direkt nach der Chemo ab, aber dagegen gibts lecker Spritzen, die ihr zwar böse Knochenschmerzen bescheren, aber sehr gut helfen. Sonst hat sie außer dem Haarausfall bisher zum Glück *auf Holz klopf* keine nennbaren Nebenwirkungen. Naja, außer gestern. Da ging es ihr ganz elendiglich schlecht. Aber wie sich herausgestellte, hat die Onkologie in Ingolstadt gestern wohl einen Chaostag gehabt und vermutlich den Magenschutz vor der Chemo vergessen. Das war krass - sie hatte ganz plötzlich Fieber, Schüttelfrost, wäre ein paar Mal fast ohnmächtig geworden und es war ihr so schlecht, wie noch nie in ihrem Leben. Heute ist zum Glück aber wieder alles ok. Das ist wirklich unglaublich, dass die das einfach verschusselt haben - wahnsinn! Dummerweise hatte sie ihr Notizbuch (in dem sie alles akribisch aufschreibt, was sie verabreicht bekommt) zu Hause vergessen und deshalb erst dort gemerkt, dass 3 Tütchen (so nennt sie die Infusionen immer ;) eines zu wenig waren...

Naja aber ich wollte ja eigentlich was Positives berichten. Wir sind wirklich völlig begeistert von ihrer Klinik: veramed in Brannenburg. Die kann man wirklich nur weiter empfehlen. Sie hatte ja Angst davor, dass es ihr nicht gut gehen würde und wollte deshalb die Chemo nicht ambulant irgendwo außerhalb von IN machen - und auch nicht in IN, weil die Ärzte sie da nicht so überzeugt haben. So haben wir uns intensiv auf die Suche nach guten Ärtzen und Kliniken gemacht. Der Fauxpas von dem Onkologen gestern bestätigt diese Entscheidung einmal mehr. Nach einigem Hin und Her und langem Abwägen, haben wir uns dann für veramed entschieden. Der Chefarzt ist wirklich unglaublich nett und hat sich von Anfang an immer viel Zeit für sie genommen. Die anderen Ärzte sind auch alle wahre Engel und kümmern sich ganz herzlich um die Patienten. Sie kommt sich überhaupt nicht vor wie eine Nummer auf einer Patientenakte, was wirklich schon viel wert ist - ganz im Gegensatz zu den zahlreichen Unikliniken, die sie aufgesucht hatte.

Nun geht sie am Anfang eines jeden Zyklus am Montag in die Klinik, Di-Do bekommt sie die Chemo-Tütchen und bleibt noch bis zum nächsten Dienstag zur Beobachtung in der Klinik. Am Mittwoch macht sie dann den 8. Tag in IN, wobei wir nach gestern ernsthaft überlegen alles in der Klinik machen zu lassen. Und die 14 Tage Pause ist sie zu Hause.

Wie gesagt, in der Klinik sind alle super nett. Außerdem bekommt sie viele homöpathsiche Therapien zur Unterstützung während der Chemo - ohne, dass sie dafür etwas zu zahlen muss. U.a. erhält sie eine Magnetfeldtherapie, punktuelle Hyperthermietherapie, Selen und noch so ein Mittel gegen das Herzinfarktrisiko. Sie schreibt das alles auf und nach dem Ende der Chemo will sie hier davon ausführlich berichten. Vielleicht hilft es ja jemanden weiter, der auch grad ne Chemo macht... Wie gesagt, bisher hat sie noch kaum Nebenwirkungen gehabt (außer gestern argh). Sie hat Appetit, ist nicht übermäßig müde, nicht vergesslicher als sonst... Ab und an ein wenig Kopfweh und Wasser in den Beinen. Aber sie ist ja auch über 60. Was auch noch richtig cool ist: Die Patienten laufen in der Klinik nicht als solche stigmatisiert rum. Alle tragen normale Kleidung - Bademäntel und Schlafanzüge sind nur zum Baden und Schlafen gern gesehen. Essen gibt es auch nicht isoliert auf den Zimmern, sondern im Speisesaal am Buffet mit echt leckerem, frischen Essen. Es ist (obwohl versicherungstechnisch höchst bedenklich) sogar gerne gesehen, wenn die Patienten die Klinik verlassen und das Wendelsteingebiet unsicher machen. Ist herrlich schön da, Mitten in den Bergen. In der Nähe ist ein Biergarten, da gehen sie gern abends zusammen hin. Oder zu irgendwelchen Konzerten und Lesungen im Ort. Ist alles gar kein Thema, wenns einem schlecht geht, kommt das Klinikpersonal halt und holt ihn ab - völlig entspannt. Und die Zusatzangebote sind unglaublich vielfältig: Thai Chi, Chi Gong, Walking, Krankengym, PME, Autogenes Trainig, Yoga, Fußreflexzonenmassage, Tanztherapie, Vortäge, regelmäßige Gespräche mit der Psycho-Onkologin (wenn man das will), usw. Auch ohne extra Kosten. Während die Chemo durchläuft muss sie auch nicht rumhocken und sich langweilen, sondern sie hat dann volles Programm. Sie geht mit ihrem Infusionsständer zur Magnetfeldtherapie oder zur Fußmassage - etc. Je nach dem, was halt ansteht. Aber Langeweile und auf schräge Gedanken kommen ist nicht! Und das Beste: die Ärzte geben keinen Patienten auf oder sagen ihm im schlimmsten Fall sogar noch wie lange er noch zu leben hat - obwohl da schon sehr schwer kranke Menschen sind. Das bekommen die nicht über die Lippen. Solange der Patient noch kämpfen will, wird weiter nach einer passenden Therapie gesucht und darauf gebaut, dass der Körper zu kämpfen in der Lage ist. Sogar der Chefarzt kennt die Patienten und fragt sie regelmäßig, wie es ihnen geht. Die Philosophie der Klinik ist es, dass der Wille des Patienten zählt. Deshalb war es für die vollkommen ok, dass sie kein Blut nehmen wird. Es hat trotzdem nie einer daran gezweifelt, dass sie auch so wieder gesund wird. Und bisher ist der HB-Wert erstaunlicherweise einer der besten Werte in ihrem Blutbild. Es es ist verrückt, aber sie freut sich sogar jedesmal darauf dorthin zu fahren ;o)

Eigentlich wollte ich mit dieser Zwischenmeldung auch nur ein wenig Aufmunterung liefern. Und vielleicht auch etwas Hoffnung. Es gibt da draußen noch wirklich tolle Ärtze, die sich nicht als die Götter in Weiß sehen. Die den Menschen nicht als Nummer auf ner Akte und als DRG-Abrechnungspostion betrachten, sondern mit einem ganzheitlichen Ansatz - wie schon ihre Vorgänger vor vielen 100 Jahren das damals drauf hatten. Und denen die Heilung ihrer Patienten so sehr am Herzen liegt, dass sie ihnen sinnvolle Therapien nicht vorenthalten, nur weil sie kein extra Geld dafür nehmen können.

Also lasst Euch nicht mit dem erst besten abspeisen und sucht Euch einen Arzt, dem ihr vertrauen könnt. Das mag zwar eine Weile dauern, aber im Fall meiner Mom hat es sich schon jetzt gelohnt. Sie ist so optimistisch und lebensfroh - ich glaube sogar schon fast noch mehr als vor der Diagnose. Sie kämpft, nimmt sich endlich viel Zeit für sich selber, hat aufgehört sich für alle anderen aufzuopfern, genießt ihre alten Freundschaften viel intensiver (ich erreiche sie kaum noch telefonisch ;) und lebt endlich ihr Leben so wie sie es will. Es ist fast so als hätte sie jemand wach gerüttelt und mit jedem Haar das sie verloren hat, ist auch ein Stück von der grauen Maus verschwunden... Ich weiß nicht, was ohne diese großartige Klinik geworden wäre - will aber auch nicht darüber nachdenken, sondern hoffe und bete (obwohl ich eigentlich nicht mal an Gott glaube), dass es weiterhin so gut läuft. Nach dem 3. Zyklus gibts n PET-Scann und dann sehen wir weiter. Bisher spürt sie schon, dass der Monsterkonten unter ihrem Arm deutlich kleiner geworden ist und die Docs sind alle sehr zuversichtlich. Ich werde aber berichten, wenn es was Neues gibt.

Bis dahin alles Liebe!
MH 3B mit Risikofaktoren
seit 06/10 BECOPP Basis

Benutzeravatar
Marion1970
Beiträge: 916
Registriert: 03.10.2009 16:58
Wohnort: Marburg, Hessen

Beitragvon Marion1970 » 23.07.2010 22:46

Liebe Tochter,

ich erinnere mich gut daran, dass ich die Entscheidung Deiner Mutter nicht verstehen konnte, durch Deine Erklärungen aber dann doch zu respektieren gelernt habe.
Umso mehr freut es mich, dass Deine Mutter eine Klinik gefunden hat, in der ihr mit großem Verständnis begegnet wird und sie scheinbar eine 1A-Behandlung bekommt, die über das rein notwendige Procedere hinausgeht. Ich bin hier in Marburg immer sehr zufrieden gewesen, aber da gibt es ja scheinbar doch noch eine ganze Menge Steigerungsmöglichkeiten!

Ich wünsche Deiner Mutter und Dir auch weiterhin alles Gute und dass die Behandlung erfolgreich ist. Schön, wenn ein fühlbarer Lymphknoten kleiner wird, ich habe an meinem über dem Schlüsselbein auch ständig rumgefummelt und mich gefreut, dass die Chemo anschlägt.

Liebe Grüße, Marion
MH IIa, Behandlung nach Studie HD 13 (2 x ABVD + 30 Gray Bestrahlung): Aug - Nov 2009


Zurück zu „Morbus Hodgkin“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 13 Gäste