Veränderung der Psyche?

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Melanie
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Veränderung der Psyche?

Beitragvon Melanie » 17.01.2006 20:23

Hallo!!

Sagt mal-kann mir hier jemand weiterhelfen, was das Thema psychische Veränderung aufgrund der Erkrankung angeht?!

Als ich die Diagnose MH bekam, sagten mir einige Leute, die auch mit Krebs ihre Erfahrungen haben, daß ich nach der Sache nie wieder die selbe Person sein werde wie früher.Das hat mich zuerst positiv gestimmt, denn es ist ja nie verkehrt, die positiven Dinge auf einmal als aller Wichtigstes im Leben zu sehen, die vorher selbstverständlich waren-Kinder, Gesundheit, Sonne,...
Aber leider hat sich bei mir heraus kristallisiert, daß ich auch verstärkt über meine Vergangenheit und Kindheit nachdenke und mich auf einmal so verändert habe, daß ich einige Menschen in meinem Umfeld nicht mehr ertrage, da ich sie aus einem ganz anderen Blickwinkel sehe.
Da es sich bei den Sachen aus der Kindheit um sehr gravierende Dinge handelt, habe ich auch schon eine Psychologin angerufen, doch die Wartezeiten sind ja so imenz-halbes bis dreiviertel Jahr!!
Meine Frage wäre jetzt, ob das wohl alles nur durch die Erkrankung kommt oder ist der Zeitpunkt nur Zufall, daß ich nur dachte ich wäre für alles stark genug und jetzt wo der Krebs da ist, muß das andere raus, um verarbeitet zu werden???
Hoffe das war jetzt nicht zu psychologisch und gehe niemandem damit auf den Keks!!

Gruß Melanie
MHIIB 4x AVB-Ende 19.12.2005 + 15 x 30Gray -> 17.02.2006 good bye Mr.Hodgin!!!

Doch nicht-Rezidiv 26.Jan.2010 MH IIIA / DHAP 18.02.2010 + DHAP 11.03.2010 + BEAM 02.04.2010-07.04.2010
09.04.10 10 Uhr Stammzellentransplantation
01.06.10 PET -> 14.06.10 Befunderöffnung -Good bye Mr. Hodgin(schon wieder)

11.01.11 NS; Alte Symthome; vergrößerter LK im Bauch; 2.Rezidiv???
22.02.11 Ergebnis PET-2.Rezidiv
15.03.11 Beginn Bestrahlung 15x30Gray + 5x45Gray

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Michi
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Beitragvon Michi » 17.01.2006 21:21

Hallo Melanie,

ich hab mich auch ganz schön verändert, sehe manches anders, verändere grad mein Leben ganz ordentlich und bin noch ein bissle am Suchen, welcher neue Mensch ich geworden bin. Finde das aber gar nicht schlecht - macht "nur" etwas Ärger mit manchen Mitmenschen.... ;-)

Daß Du jetzt anfängst, unverarbeitete Ereignisse aus Deiner Kindheit auszugraben und "nachzuverarbeiten", hat, denk ich, nicht direkt was mit MH zu tun (im Sinne "Chemo macht die Psyche kaputt" oder so).
Ich denke eher, daß die Auseinandersetzung mit einer potentiell tödlichen Krankheit und das Neuausrichten des neuen Lebens eben auch Nachdenken über das bisherige Leben und damit auch über Unverarbeitetes aus der Kindheit beinhaltet. Das tut weh und es ist gut, wenn Du nach professioneller Unterstützung schaust, wenn Du merkst, dass Dir das helfen kann.
Kannst vielleicht mal eine andere Psychologin anfragen? Vielleicht geht ja doch noch früher was...
Ich wünsch Dir alles Gute für die Aufarbeitung und die Therapie!
Liebe Grüßle,
Michi
Diagnose Mai 2005: MH Stadium IIa, kein RF; Therapie mit 2xABVD + 30 Gy Bestrahlung. 26.9.05: FERTIG!!!!!
seither alle Nachsorgen: OK!

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fluflu
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Beitragvon fluflu » 17.01.2006 21:48

Hallo Melanie
mir gehts ganz ähnlich wie dir. Und ich sehs so wie Michi: eine Krebserkrankung bringt irgendwie alles im Leben durcheinander, und es ist DER Moment um mal innezuhalten und nachzudenken. Dass dabei auch andere (unverarbeitete) Dinge wieder hoch kommen, scheint mir ganz normal. Ich habe die Krankheit einfach als DIE Gelegenheit angesehen, auch in der Psyche mal ein bisschen aufzuräumen, aber das sieht natürlich jede/r anders. Ich weiss nicht, ob es in der Schweiz einfacher ist, zu einem Termin zu kommen, auf jeden Fall hat das bei mir ganz schnell geklappt. Ich habe die Adresse von der Psychologin eines Bekannten gekriegt (meine Psy. ist also die Freundin der Psy. meines Bekannten), konnte daher am Telefon sagen, dass ich sie von Frau soundsu empfohlen bekommen hab. Vermutlich klappts so am besten. War das jetzt klar oder drück ich mich umständlich aus? :doof:
Auf jeden Fall darfst du aber auch nicht davon ausgehen, dass die erste auch die Beste ist. Ich war zuerst bei einer Frau auf der Onkologie, also bei jemandem, der eigentlich viel Erfahrung mit Krebskranken hat, aber die Chemie zwischen ihr und mir stimmte von Anfang an nicht. Mit der jetzigen bin ich aber super zufrieden. Nimm dir diese Zeit auf jeden Fall, bei der richtigen Person tut das sehr gut.

Alles Gute! Fluflu
Diagnose September 2005: IIa, 2xAVD plus 30Gy. Studie: HD 13.

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Puschel
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Beitragvon Puschel » 17.01.2006 23:08

Hey Melanie...also ich schließe mich den beiden michi und flufu voll an...die erkrankung verändert uns, wir denken über dinge jetzt anders...als vor einem oder 2 jahren...ich denke das geht vielen so...ich denke auch viel an früher und an jetzt...wahrscheinlich wird einem jetzt erst alles bewusst...aber ich denke du musst dich deshalb nicht schlecht fühlen...es ist ein neuer anfang und das ist glaub ich gut so...das wird schon alles wieder...und hey, du gehst hier niemanden auf den keks, dagfür ist das forum da, um ängst, gefühle hier reinzu schreiben... :lol:
Diagnose im Feb. 05, noduläre Sklerose, Stadium II BE, (BSG, Mediastinalbefall, extranodaler Befall, 3 Areale befallen), Therapie mit 6 Zyklen BEACOPPesk.
1-12 Nachsorgeuntersuchung:alles in Ordnung *Jippy*
Nach gut fünf Jahren ist alles noch in bester Ordnung und es gibt keine Probleme...
Fein fein..
Keine Auffälligkeiten, deshalb heißt es, nur noch 1 x im Jahr zur Nachsorge...*yeah*



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Krümel
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Beitragvon Krümel » 17.01.2006 23:46

halo melanie!

ich denke auch das uns die therapie verändert!
ich denke auch viel mehr nach als vorher, aber auch was hätte ich in meinem leben anders machen können, damit gewisse sachen nicht in katastrophe enden. früher war ich total trahnig, heute muss alles zacki zacki gehen, ja nix aufschieben. auch diversen leuten sofort die meinung sagen denn es könnte morgen schon zu spät sein. vlt liegt es auch daran das ich im koma war, und dem tot mehr als nah war, keine ahnung.

ich weiss nur das ich auch versuche viel intensiver zu leben. ich bin früher nie spazieren gegangen, oder so, mittlerweile wenn ich kann geh ich raus und versuche die luft intensiv zu spüren, höre den vögeln zu wenn diese im sommer zwitschern, und geniese einfach. das hab ich früher nie getan!
manchmal frag ich mich auch, über was sich einige aufregen, viele dinge sind totaler nonsens, einfach zweitverschwenung sich damit zu befassen oder darüber sich aufzuregen, diese kleinigkeiten halt! aber wer weiss ob wir in 5 oder 10 jahren nicht auch wieder in den alten trott fallen?!

die Krankheit macht mich definitiv nicht zu nem besseren menschen, aber sie kann mir evtl zeigen, ob es sich für diverse dinge lohnt zu kämpfen, um mir evtl einen zukünftigen weg weisen!

traurig das man erst eine bösartige krankheit haben muss, um zu begreifen was wichtig ist und was nicht

Carina :krml:

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Jeanine
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Beitragvon Jeanine » 18.01.2006 08:44

Hallo Melanie!
Sicher ist es ganz normal, dass sich durch eine schwere Erkrankung wie z.Bsp. Krebs das Leben und auch die Psyche sehr verändern kann. Bei mir habe ich es allerdings nicht so gravierend festgestellt. Teilweise war es sogar so, dass ich es erschreckend fand, wie schnell das Leben wieder in alte Bahnen läuft und sich der Alltag wieder einstellt. Vielleicht war es aber bei mir auch nur so, weil ich ja gerade Mutter geworden war und mich um mein Baby "kümmern mußte". Der Haushalt machte sich auch nicht alleine, dann bin ich irgendwann wieder arbeiten gegangen... Ich hatte irgendwie gar keine Zeit, mein Leben gänzlich umzukrempeln oder ein anderer Mensch zu werden :wink2:
Trotzdem versuche ich, gesünder und bewußter zu leben. Über manche "Probleme", die Leute haben, kann ich nur lächeln und denke immer nur: "Seit doch froh, dass ihr gesund seit. Das ist doch viel wichtiger als alles andere..."
Das einzige, was ich jetzt nach fast vier Jahren bei mir festgestellt habe: Durch den ganzen Alltag habe ich die Krebserkrankung an sich und auch Emilys Frühgeburt gar nicht so recht verarbeitet. Das sind halt im Moment so meine Probleme. Ich wollte daraufhin auch eine Gesprächstherapie machen aber auch meine Neurologin hat nur abgewunken, dafür gäbe es doch keine Termine. Ich solle lieber mal ordentlich entgiften! :? Häää?!
Naja, nun versuche ich gerade noch eine onkologische Reha zu bekommen, wo ich dann auch die Therapie machen kann...
LG Jeanine
MH Stadium IIa im August 2001, damals im 6. Monat schwanger, HD 11 (4xABVD, 15 Bestrahlungen) - seit Mai 2002 in Vollremission / seit November 2005 Verdacht auf Mulitple Sklerose

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Petite
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Beitragvon Petite » 18.01.2006 17:29

Hallo Melanie,

ich habe mir während der Therapie sehr gewünscht, dass mein Leben so wie sonst auch weitergeht, bevor der große Brocken MH mir in die Quere kam. Endlich wieder einen "normalen" Ablauf des Tages haben, das wollte ich.
Klar ist, dass ich jetzt wieder voll im Alltag stecke, aber ich sehe vieles aus einer anderen Sichtweise.
Ich gehe gern arbeiten, genieße aber auch meine Freizeit voll und ganz.
Ein Spaziergang im Schnee, Besuch von meinen Freunden, ein Leseabend mit Leckereien usw.- das macht mich glücklich.
Aber auch ich grübelte viel über meine Vergangenheit nach (was ich immer noch tue.) Es gibt Menschen, deren Verhalten ich auch nicht mehr ertrage...leider nehmen diese Menschen noch Platz in meinem Herzen ein. Ich nutzte die letzte Kur, um mit einer Psychologin zu reden. Und da ist sehr viel hoch gekommen. Da merkte ich, wieviel ich noch "aufm Herzen" hatte. Es ist immer noch nicht einfach, weil ich manchmal zu viel nachdenke. Aber die Therapie hat mir unheimlich viel geholfen.
Und eins hilft bei mir immer: Ablenkung.
Ich denke, dass diese Phase des Nachdenkens auch durch MH kommt. Sicherlich ist MH nicht die Ursache, aber es bringt einem zum Nachdenken. Schließlich ist es eine ernst zu nehmende Krankheit, wo man anfängt, über sein Leben und sein Umfeld nachzudenken. Da ist es gut möglich, dass da Dinge hochkommen, wo man dachte, die sind abgeschlossen.
Ich drücke dir die Daumen, dass du bald eine Psychologin oder auch Psychologe findest, der dir helfen kann und wo du das Gefühl hast, dass du mit ihm reden kannst.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Therapie.
Viele Grüße, Franzi
Ich wünsche euch allen viel Kampfgeist!
MH IIa, Nov.2003,in Remission seit Jun 2004

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Melanie
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Beitragvon Melanie » 19.01.2006 16:46

Hallo Ihr Lieben!

Ich danke Euch sehr für Eure offenen Erfahrungen.Die haben mir schon sehr geholfen.Es ist schon beruhigend zu sehen, daß ich nicht völlig GAGA geworden bin, :baeh2: vielleicht einfach nur erwachsen werde und neue Prioritäten setzte.Ich denke jetzt auch, wenn ich vielleicht mit der Therapie anfangen kann, daß ich auch meinen Eltern gegenüber meine neuen Sichtweisen darstellen und als erwachsene Frau wargenommen werden kann-wird ja auch mal Zeit mit knapp dreißig!! :roll:

Vielen Dank Melanie

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Ineli
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Beitragvon Ineli » 20.01.2006 08:26

Hallo Melanie,
glaube, dass mich MH (zusammen mit dem schlimmen Unfalltod der Mutter meiner besten Freundin zur gleichen Zeit) auch erwachsen gemacht hat. Die einsamen Stunden im Spital haben mich auch zum Nachdenken gebracht....

Meine Freunde mögen jetzt an mir, dass ich nicht mehr so gestresst bin und Angst von der Zukunft habe. Allerdings bemängeln gewisse, dass ich zu schlagfertig geworden sei und mir nichts mehr bieten lasse! Da ist sicher was dran!

Hab keine Angst vor der Veränderung!
Eh liebe Gruess,
Ina

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Rodi
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Beitragvon Rodi » 20.01.2006 11:23

Hallo Melanie!

Also, um ich den anderen anzuschließen: ich galub auch, dass das normal ist, dass man sich verändert, mehr nachdenkt, innehält. Hat sicher auch damit zu tun, dass man denkt, dass der Krebs ne Kehrtwende ist und dass man einfach überlegt, was bisher nicht so gut gelaufen ist.
Übrigens geht das nicht nur den Betroffenen so, auch ich als Partnerin eines Ex-Hodgkies merke das an mir (vielleicht nicht so extrem, aber mein Leben hat sich durch die Diagnose auch verändert).

Bei meinem Freund ist durch den MH auch sehr deutlich geworden, dass innerhalb der Familie viel verdrängt wurde und er hat jetzt gemerkt, dass er das nicht mehr schlucken will und kann und setzt das jetzt auch durch (auch mit Hilfe einer Therapie, die ihm sehr gut gefällt).

Fast jeder berichtet ja hier, dass er ehrlicher und direkter geworden ist und es nicht mehr allen recht machen will und so ein gesunder Egoismus ist doch sicher gut!

Vielleicht noch ein Tipp, um schneller an eine Therapie zu kommen: wende Dich doch mal an eine Krebsberatung in Deiner Nähe (http://www.krebsinformation.de/Adressen ... ellen.html), die haben da die Adressen und können auch ein bisschen "Druck" machen, aber es gehört natürlich auch etwas Glück dazu.

Also: Mut zur Veränderung, das ist auf jeden fall besser als Verdrängung!

Liebe Grüße
Bianca
Diagnose meines Mannes:
Diagnose (Januar 05): MH IIb mit RF (>3 Areale und hohe BSG), HD 14 Arm A (4 Zyklen ABVD), 30 Gy, beendet 08/05, 3. Nachsorge am 01.09.06:alles o.k.!


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