bisher habe ich nur still mitgelesen, nun möchte ich auch meine Geschichte mit Euch teilen. Da ich nun weiß, dass zumindest der erste Abschnitt sehr positiv verlaufen ist, möchte ich Euch ein bisschen Mut machen und vielleicht auch die ein oder andere Angst nehmen.
Angefangen hat das Ganze Ende April 18, als ich durch Familie und Freunde erneut darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich sehr abgenommen hätte und einfach "scheisse" aussähe. Ich hatte bis dahin in einem halben Jahr gut 6-7 Kilo abgenommen ohne das zu wollen und wog dann noch ca. 73 kg bei knapp 1,90 m. Also bin ich zu meiner Hausärztin für eine Blutuntersuchung und allgemeine Kontrolle.
Da die Blutergebnisse dauern, hatte ich eine Woche später einen Besprechungstermin. Währenddessen hab ich auch einen vergrößerten Lymphknoten beim rechten Schlüsselbein entdeckt. Da hatte ich mir aber nichts bei gedacht. Der Ärztin gefiel dann weder, was sie im Blut sah, noch im Ultraschall, also schickte sie mich am nächsten Tag direkt zum Röntgen des Brustbereichs.
Dort durfte ich direkt nach dem Röntgen noch ins CT, weil der Röntgenbefund nicht eindeutig war. Das war mein erstes CT mit dem wundervollen Gefühl des Kontrastmittels, das ich noch öfter spüren durfte und wohl noch werde. Juhu. Die zuständige Ärztin sagte mir gleich, dass hier etwas ist, und ich direkt zu meiner Hausärztin zum besprechen gehen soll. Diese überwies mich dann postwendend ins Neuperlacher Krankenhaus (das ich übigens als extrem gut empfand) zur weiteren Untersuchung. Sie bereitete mich auch gleich darauf vor, dass es alles sein kann, von harmlos bis Krebs. Mein erster Gedanke war, ok, egal was es ist, wenn ich es bekämpfen kann, dann mache ich es. Mein Sohn ist drei, für den stehe ich alles durch. Mit diesen Gedanken entließ sie mich ins Wochenende, an dem ich meinen Geburtstag dann in etwas gedrückter Stimmung gefeiert hat. Insbesondere die Reaktion meiner Eltern, die weitaus mehr geschockt waren (verständlich) als ich, hat nicht gerade zur Partystimmung beigetragen.
Darauf die Woche ging dann der große Check Up Reigen im Krankenhaus los, von Biopsie zweier Lypmphknoten, über Magenspiegeln, Röntgen und CT nochmal (Bauch diesmal) bis nach 3 Tagen die Dagnose MH mindestens Stadium 3. Der Chefarzt meinte gleich, von allem Mist, dem man so in der Onkologie haben kann, habe ich mir das beste ausgesucht. Naja gut, klingt ja besser wie erwartet. Nach vielen Recherchen und Gesprächen mit den Ärzten war ich sehr sehr optimistisch, dass der Herr H., der sich bei mir einquartiert hatte, vor allem ohne Miete zu bezahlen, gleich wieder ausiziehen durfte.
Zum Staging bin ich dann noch in ein anderes Münchner Krankenhaus zum PET/CT gefahren, womit ein Knochenbefall vermutet wurde und somit Stadium 4A feststand. Das hieß BEACOPP eskaliert 6 Zyklen bzw. bei guter Führung des Herrn H vielleicht auch nur 4. Aber damit wollte ich mir keine Hoffnung machen, um nicht später enttäuscht zu werden.
Die Woche darauf am Montag ging es dann schon los mit der vollen Dröhnung, da es ja am ersten Tag das "C", das "E" und das "A" gibt. Dazu noch Vorspülungen und Tabletten hier und da. Ich hatte noch keinen Port, deswegen musste das Ganze durch die Armvene laufen. Der OA, der mich behandelt hat, und mE nach das Beste war, was mir passieren konnte, legte Tupfer auf mein Handgelenk mit der Aufgabe, diese dürfte nicht runterfallen, solange der rote Beutel (30 Minuten) in mich reinläuft, weil es sonst schwerste Verbrennungen auf der Haut geben könnte... Juhu. Hat aber geholfen

Über alle Zyklen war ich immer an den Tagen 1-3 (im ersten sogar bis Tag 4) und an den Tagen 8 - 12 oder 13 stationär. Zum Einen wollte man meine Reaktionen auf die Chemo sehen und in Woche 2 ereilte mich regemlmäig die Leukopenie und dann gleich die Thrombopenie nacheinander. Ich fand es insgesamt sehr gut, da man sich auf der Station sehr sicher fühlt, auch wenn insgesamt 30 Tage Krankenhaus nicht sooooo toll sind.
Die anderen Tage 2 und 3 und dann die nächste Woche Tag 8 liefen echt gut. Alles ungewohnt, aber ohne großen Nebenwirkungen. Mir war nicht wirklich schlecht, hatte bis auf eine gewisse Müdigkeit und Kreislauf (HB Wert) nicht viel gespürt. Einzig die Appetitlosigkeit und der Ekel vor gewissen Arten von Brot, Käse und Salaten kam auf. Also 3 mal auf Holz geklopft.
Der zweite Zyklus verlief ähnlich, dann aber schon routinierter. Ich kannte alle Abläufe, die Schwestern und Pfleger kannten mich auch schon alle. Das war fast schon wieder wie heimkommen. Naja sofern man das so sagen kann.
Nach dem 2. Zyklus stand das Überprüfungs PET / CT an (hattet ihr auch das Problem, dass Eure Arme eingeschlafen sind??) und tada Herr H. war ehr brav und hat sich von den ganzen Medikamenten zum Auszug überreden lassen, nicht leuchtete mehr, keine auffäligen Stellen, alles gut. Das war ein unglaubliches Gefühl. Ich hatte sehr viele Pläne für den Sommer, sei es in der Arbeit, sei es Urlaub, sei es WM Tickets und alles musste ich absagen, doch die Verkürzung war eine tolle Motivation und Bestätigung, dass sich das Ganze doch lohnt.
Zyklus 3 und 4 waren insbesondere in der 2. Woche härter, weil mein Blut nicht so wollte wie ich und entweder die Leukos sich freigenommen hatten, nur um sich dann direkt die Klinke mit den Thrombos in die Hand zu geben. Der HB Wert war dann auch so im Keller (7,2) sodass ich außer Rumliegen nicht viel mache konnte, aber geht alles vorbei.
Abschließend gab es nach dem 4. Zyklus nochmal Sono, CT und PET / CT mit dem Ergebnis, nichts leuchtet nachwievor, es sind aber gerade im Mediastinum noch Vergößerungen festzustellen, die aber normal sind (Narbengewebe etc.), weil der Körper eben auch Zeit braucht, das zurückzubilden.
Jetzt bin ich gerade auf Reha am wunderschönen Chiemsee mit phantasitsichem Wetter und freue mich echt tierisch, dass alles so gut ausgegangen ist. Ich habe Herrn H hoffentlich unmißverständlich klar gemacht, dass er hier nicht erwünscht ist. Ab Oktober werde ich wohl wieder voll arbeiten, bis dahin müssten sich alle Zipperlein wieder gelegt haben. Ich merke auch, dass ich gelassener geworden bin und vieles nicht mehr als so wichtig erachte, vor allem, wenn es nicht für mich ist. Ich bin egoistischer geworden und auch direkter. Ich sage nun, wenn mir was nicht passt. Das Leben ist zu kurz, um nicht jeden Tag zu genießen. Wenn es ein guter Tag ist, freu Dich, wenn es ein schlechter Tag ist, kommt morgen ein Neuer.
Meine Erkenntnisse zu der ganzen Episode sind:
- Positiv sein, optimistisch denken,
- sich gut informieren, auch Ärzte machen Fehler, und freuen sich, wenn man mitdenkt
- Umgekehrte Isolation ist super, wenn man Rue haben will, da Einzelzimmer-Garantie
- Thrombos und Leukos sprechen sich über Urlaub ab

- Unterstützung bei Freunden und Familie holen,
- Käse und Butterbreze können nach Autoreifen / Waldboden schmecken

- Wie gut können frische Beeren eigentlich schmecken, wenn man sie nicht essen darf... mhhhhhh
- Prime bietet ganz hervorragende Serien,
- Bücher aus der Bücherei sind perfekt, da die Menge an verschlungenen Büchern doch stark ins Geld gehen würde,
- Neuperlach rulez (zumindest das Krankenhaus),
- am Chiemsee ist es im SOmmer am schönsten (denken die vielen Touristen und Wespen wohl auch

Zum Abschluß noch ein Zitat von Karl Valentin das ich sehr passend finde: Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.