Erst einmal einige Erläuterungen:
- erwartetes Überleben: Das ist die Kurve für die allgmeine Überlebensrate vergleichbarer Menschen (Alter/Geschlecht) in der Normalbevölkerung. Also wieviele von denen noch nach x Jahren leben.
- beobachtetes Überleben: Das ist die Kurve für die tatsächlich beobachtete Überlebensrate von an Hodgkins erkrankten Menschen.
Genauso wie beim erwarteten Überleben werden hier aber auch Sterbefälle gezählt, die nichts mit dem Hodgkin zu tun haben (Autounfall z.B.)
- relatives Überleben: Das ist das tumorspezifische Überleben. Wenn man abschätzen möchte wieviel einem speziell der Hodgkin im Vergleich zur Normalvebölkerung abzieht, dann ist diese Kurve interessant.
Jetzt sieht man erstmal das hier:

Nach 20 Jahren leben beobachtet noch fast 60% aller Hodgkin erkrankten. Rechnet man die nicht tumorspezifischen Sterbefälle heraus, sind es 5% mehr. Bei der Normalbevölkerung leben noch ca. 90%. Ungefähr 25% werden also nach 20 Jahren durch Spätfolgen dahingerafft.
Aber das gilt auch für alle Altersgruppen! (alle Stadien, alle Vorerkrankungen etc.)
Wie sieht es also mit Hodgkin-Patienten in den versch. Altersgruppen aus?
Die Ergebnisse haben mich überrascht und werden dort auch nicht weiter kommentiert. Man muss also schon interpretieren. (Das zeigt, dass man bei Statistiken immer alle möglichen unbekannten Variablen bedenken muss)
Erstmal die Tabelle:

Wem fällt es auf? In der Altersgruppe <30 beobachtet man, dass dort 2% mehr Hodgkin-Patienten überleben als eig. tumorspezifisch im Vergleich zur Normalbevölkerung zu erwarten wäre.

Also bei unter 30-Jährigen noch 83% nach 19 Jahren und das in allen Stadien mit allen Vorerkrankungen und allen Todesursachen!
Woran mag das liegen? Ich vermute, dass viele Hodgkin Patienten nach so einer Krankheit allgemein gesünder und risikofreier Leben, weil sie merken wie zerbrechlich und wertvoll das Leben ist.
Das bedeutet: Der eigene fortgeführte Lebensstil und das Risiko-Verhalten hat in der Altersgruppe <30 mehr Einfluss auf die Überlebensrate als der doofe Hodgkin!
Und das sind aus meiner Sicht sehr gute Nachrichten.
Was kann man sich noch anschauen? Ich habe mich noch für die Überlebensrate anhand des Stadiums interessiert.
Allerdings findet man auch hier wieder etwas merkwürdiges (schon wieder muss man interpretieren).

Huch? Diejenigen im Stadium 1 (65% nach 15 Jahren) haben eine viel ungünstigere Überlebensrate als diejenigen im Stadium 2 (81% nach 15 Jahren)?
Ein wunderbares Beispiel dafür, dass man auf solche nackten Zahlen erst einmal nichts geben kann! Also keiner sollte sich hier irgendwie durch irgendwelche Statistiken Angst machen lassen!
Woran mag das liegen? Erst einmal sind die Fallzahlen unterschiedlich. Ich bin mir nicht sicher was das für einen Einfluss ausmacht, aber die Vergleichbarkeit sinkt dadurch.
Aber viel wichtiger ist wohl der Fakt, dass diejenigen Patienten, die schon im Stadium 1 diagnostiziert wurden, ohnehin schon engmaschig ärztlich kontrolliert werden mussten. Denn welcher scheinbar gesunde Mensch würde jemals auf die Idee kommen, dass bei sich ein Krebs wächst? Die meisten Diagnosen kommen also erst, wenn die Symptome langsam anfangen, also ab Stadium 2.
Die meisten von denjenigen, bei denen der Krebs schon im Stadium 1 diagnostiziert wurde, hatten wohl schwerschwiegende Vorerkrankungen (vlt. sogar einen anderen Krebs), bei denen sie ärztlich so engmaschig kontrolliert wurden, dass so ein Lymphom im Stadium 1 eben auch auffällt.
Natürlich spielt noch etwas eine Rolle. Und zwar die Therapie-Form. Die ist auch nicht einberechnet. Vlt. sind da sogar Therapie-Verweigerer in der Statistik?
Die Daten oben sind auch seit 1988. Aber erst seit 1993 wurde BEACOPP sozusagen Standard (vorher COPP+ABVD) [1].

Letztendlich gibt es sooooo viele Faktoren und Variablen, dass man sich durch die Zahlen nicht verrücktmachen lassen sollte.
Je mehr ich mich umgeschaut habe und und je mehr Umstände ich berücksichtigt habe, desto mehr schwand auch die Aussagekraft einzelner Zahlenkolonnen und die Prognosen sahen immer besser aus.
Disclaimer: Ich bin Laie in diesem Gebiet und das sind alles nur meine persönlichen Interpretationen der Statistik! Bestimmt habe ich hier und da Denkfehler gemacht. Ich würde mich sehr über Feedback freuen!
Quellen:
http://www.tumorregister-muenchen.de/fa ... alysis.php
http://www.tumorregister-muenchen.de/fa ... C81__G.pdf
http://www.tumorregister-muenchen.de/facts/surv/surv_C81__G.pdf
http://www.lymphome.de/InfoLymphome/Hod ... sblick.jsp