
Mein Name ist Chris, 20 Jahre alt und seit ein paar Tagen Hodgkin-Veteran.
Ich lese hier in diesem Forum seit ca. einem halben Jahr mit, habe jetzt aber die Zeit und Ruhe gefunden ich auch mal anzumelden.

Zu meiner Geschichte:
2010 war ich das ganze Jahr in Australien, nachdem ich 2009 mein Abitur gemacht habe. Bin viel gereist und hab hier und da kleine jobs angenommen. Gegen Ende des Jahres habe ich einen kleinen Knubbel im Nacken gespürt, mir aber erst nichts dabei gedacht, da ich zu Lipomen, kleine gutartige fettgeschwulste im Gewebe, neige.
Anfang Dezember ging es dann für 3 Monate nach Deutschland zurück, und geplant war, dass ich im März mein Biomedizin-Studium in Australien beginnen kann.
Kurz nach Weihnachten fiel meiner Oma dann aber eine Schwellung am Hals auf, die beim HNO-Arzt ein paar Tage später als laterale Halszyste erkannt wurde. Also Operation um das Ding rauszuschneiden, kein großer Akt. Damals teilte mir mein Operateur noch mit, dass er bei der OP auch Lymphknoten entfernt hat und untersuchen lässt, da die etwas vergrößert waren. Das sei jedoch eine Routinesache.
Eine Woche später dann jedoch der Schlag ins Gesicht, beim Fädenziehen überbrachte mir der HNO-Arzt die schlechte Nachricht, Morbus Hodgkin!
Mit dem Kommentar "das ist dann ein internistisch-onklogisches Problem", wurde ich erstmal sitzen gelassen, bis ich zum Onkologen konnte. Ich war selbst viel zu baff, um da gleich nachzuhaken. Ich hatte ja absolut keine Symptome, das ganze hat mich vollkommen aus dem Nichts getroffen.
Zum Glück hat mir mein Onkologe als erstes gesagt "es ist keine Frage, OB wir das wieder hinkriegen, sondern nur WIE LANGE es dauert, je nachdem, wie weit es fortgeschritten ist!"
Das hat mich natürlich gleich sehr aufgebaut, und die Ultraschalluntersuchung hat abgesehen von dem einen geschwollen Lymphknoten nichts weiteres ergeben, also vermutlich Stadium IA, was dann auch durch das CT bestätigt wurde.
Natürlich habe ich sofort nach der Diagnose angefangen, mich zu erkundigen, da ich mich sowieso sehr für Krankheiten interessiere. Ich habe also versucht, so viel wie möglich, über diese Art Krebs und die Behandlung zu erfahren und zu verstehen. Dieses Verständnis hat mir auch viel Angst genommen, da ich dann wusste, wie der Krebs funktioniert und was Hodgkin und auch die Behandlung im Körper genau anrichten.
Die Behandlung für mich war im Rahmen der HD-16 Studie 2 x ABVD und beidseitige Bestrahlung des Halses mit 20Gy.
Die Chemotherapie habe ich Ende März abgeschlossen, und relativ gut überstanden. Natürlich sind mir die Haare soweit ausgefallen, dass ein Frisurwechsel nötig wurde, aber ansonsten habe ich außer Fatigue und leichtem Chemobrain wenig gespürt. Mir war zwar während der Therapie oft flau, aber immer nur direkt nach der Chemo. Appetit war vorhanden, ich habe sogar 3kg zugenommen.
Die Scans (CT, PET) beim Zwischenstaging waren schon negativ, was natürlich eine ungeheure Erleichterung war.
Leider wurde ich dann im Rahmen der HD-16 Studie zur Bestrahlung eingeplant. Ich hatte mich bis zum Beginn der Bestrahlung fast gänzlich von der Chemo erholt, war also guter Dinge was die Bestrahlung anging.
Die ersten paar Sitzungen waren auch nicht weiter schlimm, ich hatte einen trockenen Mund, mehr nicht. Ab dem 8. Behandlungstag war mein Mund aber so trocken, dass sich Zunge und Wangen blutig gescheuert haben, dazu kam mucositis von der Bestrahlung. Nach 10 Sitzung war die Behandlung dann Ende Mai zwar vorbei, aber nach feiern war mir nicht. Ich konnte nichts mehr essen, trinken nur mit schmerzen. Innerhalb von einer Woche habe ich fast 7 kg abgenommen, die ganze erarbeitete Fitness nach der Chemo war wieder weg.
Inzwischen hat sich mein Mund wieder vollständig erholt, die Trockenheit ist fast verschwunden, nur der Geschmack ist noch daneben. Sauer und Bitter schmecke ich, salzig und süß eher nicht. Aber das wird auch wieder werden

Für mich geht es jetzt so weiter, dass ich Ende dieser Woche nach Australien zurückfliegen werde, um Anfag August dann mit 6 Monaten Verspätung anfangen kann Biomedizin zu studieren. Jetzt natürlich noch mit ner gehörigen Portion Motivation, nach dem was ich durchgemacht habe.
Abschließend muss ich sagen, dass von dieser Odysse einige Eindrücke besonders haften geblieben sind:
- Dankbarkeit, diese Krankheit relativ unbeschadet überlebt zu haben
- Respekt vor meinem eigenen Körper und Motivation, gut damit umzugehen und Risiken zu vermeiden (z.B Rauchen, auch wenn mir das sowieso immer zuwider war)
- Respekt vor den Leuten, die eine noch intensivere Behandlung durchstehen müssen.