Beitragvon yoda » 08.10.2009 12:56
So, damit mein Thread auch noch upgedatet ist und die Krankheitsgeschichte vorerst ihren Abschluss findet, hier noch ein paar Zeilen von mir:
Die Therapie ging offiziell am 15. September zu Ende. Eine Woche davor erhielt ich meine letzte intravenöse Chemo mit Bleomycin und Oncovin. Vier Wochen sind seither vergangen. Auch die Abschlussuntersuchung nach der Therapie wurde natürlich gemacht. Resultat: Komplette Remission. Im PET habe gar nichts mehr geleuchtet. Es gibt zwar einige Stellen mit Restgewebe, vor allem unter der Linken Schulter habe ich einen gut fühlbaren Restbestand. Doch was solls, bei dem Befall den ich hatte. Ein grosser Stein der mir vom Herzen fiel, obowhl ich mir das irgendwie emotioneller vorstellte. Nach sechs Monaten Ungewissheit, Krankheit und Ausnahmezustand plötzlich Land in Sicht. Nur noch eine Tablette pro Tag, die ich aufgrund meiner Hiatushernie auch so nehmen müsste. Und sonst einfach die Erkenntnis, mit Vorbehalt gesund zu sein. Sofort verfolgen einen aber andere Fragen. Wie erhole ich mich? Packe ich den Wiedereinstieg ins Berufsleben? Was passiert wenn der böse Kerl wiederkommt?
Wie gehts mir gesundheitlich oder besser gesagt körperlich wie psychisch? Letzte Woche hatte ich aufgrund einer Lungenspiegelung eine enorm heftige Reaktion des Körpers, wo ich fast 40°C Fieber hatte. Daraufhin vermuteten die Ärzte einen Infekt auf der Lunge. Antibiotika und sogar Anti-Pilzmittel waren die Folge. Davon habe ich mich gut erholt. Der Infekt war gar nicht schlimm. Es zeigte aber auf, dass mein Immunsystem noch nicht so fit ist. Meine Leukozyten stürzten während dieses Infektes auch von weit über 7000 auf 1770 ab!!! Das innerhalb von zwei Tagen. Sonst sind Leukos und Thrombos ok. Wenn ich mal Kopfweh habe, so kann ich endlich wieder einmal meine geliebten Ibuprofen-Tabletten nehmen, anstatt immer nur Paracetamol zu schlucken. Mein Hämoglobinwert ist allerdings recht im Keller und war letzten Donnerstag bei 95. Da muss sich mein Körper nun selber helfen und den Wert auf die gewohnten 150 aufbauen. Das dauert wohl Wochen, wenn nicht sogar Monate. Bisher hatte ich einen Schnitt von einer Steigerung von einem Wert pro Tag. Somit wäre ich bei akzeptablen 120 in einem Monat. Daher bin ich auch noch recht müde, obwohl das auch an der Chemo selber liegt. Ausser dieser Müdigkeit spüre ich fast gar nichts. Mein Magen war etwa drei Wochen etwas durcheinander. Der hat sich aber mittlerweile gut gefangen. Gelenk- oder Muskelprobleme habe ich praktisch überhaupt nicht. Meine Zehen sind überhaupt nicht mehr, meine Finger nur noch ganz leicht vom Vincristin (Oncovin) beeinträchtigt. Das pelzige Gefühl hat sich in den Fingerspitzen deutlich zurückgebildet. Am Kinn und der Oberlippe wachsen nun ständig Haare nach, zwar grösstenteils noch weiss, doch klar spürbar. Die Wimpern und Augenbrauen sind sogar sichtbar auf dem Vormarsch. Nur auf dem Kopf tut sich noch nichts.
Mittlerweile begann ich schon wieder 20% zu arbeiten. Es tat mir psychisch sehr gut. Man gibt mir Zeit bis sicher Ende Jahr, damit ich mich wieder aufbauen kann. Während dieser Zeit muss ich meinen Bereich nicht direkt führen, sondern habe nach wie vor eine Stellvertretung. Ich übernehme interessante Projekte. Es macht mir jetzt schon Spass und ich werde, wenn es denn geht, aufbauen sobald ich kann. Mein Ziel ist es Mitte Januar wieder 100% zu arbeiten. Danach werde ich aber längere Zeit mit einem 60% Pensum weiterfahren. Dies auf Vorschlag meines Arbeitgebers. Da ich noch soviel Ferien habe, kann ich die Tage so während Wochen, ja sogar Monate so abbauen und überarbeite mich sicher nicht. Ich bin glücklich, so einen flexiblen Arbeitgeber zu haben.
Meine Familie ist natürlich glücklich, dass ich einen so guten Bescheid erhalten habe. Vor allem für meine Frau freue ich mich, da ihr das Ganze sehr nahe ging. Auch die 6 Monate in denen ich praktisch permanent Zuhause war, waren nicht immer einfach. Wir sind uns an einen klassischen Wochenablauf gewöhnt. Es gab doch Rebereien durch meine ständige Anwesenheit und wie eine solche Therapie einen auch mal von der aggressivität her aufstachelt, wisst ihr ja. Besonders schön war es aber, meinen kleinen Sohn im ersten Lebensjahr praktisch rund um die Uhr sich entwickeln zu sehen. Das hätte ich ohne die Krankheit nicht gekonnt.
An dieser Stelle danke ich allen im Forum, die mich unterstütz und manchmal auch ausgehalten haben. Es war für mich ein starker Anker. Es ist ein Kommen und Gehen. Dadurch, dass ich jetzt mehr arbeiten werde und mich auch sportlich wieder aktiver gebe, werde ich je länger je weniger im Forum anzutreffen sein. Ich werde aber wie einige hier sicher nicht ganz verschwinden.
Allen diejenigen die mitten in der Therapie stecken wünsche ich viel Kraft, Motivation und Durchhaltewillen. Der Hodgkin hatte mir arg zugesetzt. Es soll euch auch zeigen, dass mit dem heutigen Stand der Medizin auch dies sehr gut geheilt werden kann.
Grüsse Nick
Morbus Hodgkin Stadium 4B mit Milz-, Leber- und multipler Knochenbefall; Therapieschema: BEACOPP 8x eskaliert
Therapiebeginn: 08.04.09; Therapieende: 16.09.09; alle Nachsorgeuntersuchungen bis 02.04.14 ok
Vorstellung/Krankheitsgeschichte