Beitragvon Tobias_ETNG » 10.06.2006 18:12
Hallo Zusammen,
also ich muss unterscheiden zwischen meiner Familie/Verwandten/Freunden und meiner Freundin.
Von der ersten Gruppe kann ich nichts negatives berichten. Meine Eltern sind immer für mich da und würden auch alles für mich tun. Meine Verwandtschaft kann sich nur telefonisch erkundigen, da sie nicht direkt bei uns wohnen. Aber auch da gibt es niemanden, der sich zurück zieht oder ähnliches. Meine Oma wollte sogar schon herkommen, als sie davon erfahren hat. Naja, die Schwester meiner Mutter konnte es ihr noch ausreden, aber seitdem ruft sie jeden Mittwoch Abend an und fragt wie es mir geht.
Bei meinen Freunden unb Bekannten ist auch niemand der sich zurück zieht. Eigentlich läuft alles ganz normal weiter. Das ist auch etwas was ich selber so will. Ich haber immer versucht ganz "normal" zu sein, auch wenn es mir mal nicht so gut ging. Es ist irgendwie schwer das zu beschreiben. Also es geht einem nicht direkt dreckig, aber man hat vielleicht Gliederschmerzen, fühlt sich bisschen schlapp und ist einfach Abends einfach nur froh, wenn man auf der Couch liegen kann und nichts mehr machen muss.
Nun zu meiner Freundin.
Wir sind einen Tag nach meiner Diagnose(13.2) zusammen gekommen. Am 1. März habe ich mit der Chemo angefangen (2xBeacopp, 2xAVBD)
Ich hatte ziemliches Glück und so gut wie keine Beschwerden während der Chemo, mal abgesehen von Neupogen-Rückenschmerzen und Entzündungen im Rachen/Hals.
Wenn ich wusste, dass es mir durch die Therapie richtig dreckig gehen wird, habe ich meiner Freundin gesagt es wäre besser sie bliebe zu Hause, da ich mich dann nicht um sie und ihren Sohn kümmern kann und sie auch nix von mir hat, wenn ich nur auf der Couch liege. Sie ist alleinerziehend und wohnt ca 110km von mir entfernt und da wollte ich sie nicht auch noch mit mir belasten. Der kleine kostet schon genug Kraf.
Wenn es mir dann wieder relativ "normal" ging war sie hier oder ich bei ihr. In dieser Zeit habe ich zwar schon mal gesagt, dass ich mich bissel schlapp fühle oder dass ich leichte Rückenschmerzen hab, aber ich habe mich nie mal Nachmittags einfach auf die Couch gelegt, um aufzutanken.
Ich habe immer den Starken gespielt, dem es wunderbar geht. Das war anfangs auch noch kein Problem, aber je länger die Chemo dauerte desto schneller war ich Platt. Nicht müde sondern einfach nur geschafft, so als hätte man intensiv Sport gemacht.
Bei den Beacopp hat sie bei den schlechten Tagen auch schon mal gefragt wie es mir geht, sonst aber eher nicht.
Wir haben auch nie wirklich darüber geredet, wie sie sich fühlt, wie sie mit der Krankheit umgeht usw...
Und vor zwei Wochen genau zwei Tage vor meiner letzten Chemo hat sie dann Schluss gemacht. Zwei Gründe waren, dass ich immer so lange schlafen würde und dass im Bett nichts mehr lief. Dazu muss ich sagen, dass es in den ersten Wochen auch kein Problem war, aber nach und nach hatte ich gar keine Lust mehr drauf, weil ich Abends halt geschafft war. Ich habe auch gar nicht mehr so daran gedacht.
Als ich ihr dann versucht habe zu erklären, dass ich durch die Krankheit einfach nicht immer so fit bin, wie ich es vorspiele meinte sie nur, dass sie sich ja auch nicht einfach mal ausruhen könnte wenn es ihr schlecht geht und dass es mir ja nicht immer dreckig ging. Man hätte es also regeln können mit dem Sex.
Ich war und bin sowas von wütend, enttäuscht, traurig und einfach nur hilflos. Ich stelle mir ständig die Frage, ob es dran lag, dass wir nie drüber gesprochen haben oder dass ich immer den Starken für sie gespielt habe.
Das macht mich echt fertig. Jetzt wo die Chemo zu ende ist und es bergauf geht und ein Ende abzusehen ist....
Habt ihr sowas auch erlebt?