Prof. Dr. Diehl im Interwiew

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Arminio

Prof. Dr. Diehl im Interwiew

Beitragvon Arminio » 13.12.2005 15:22

"Fortschritte, wie ich sie noch nie erlebt habe!"


Die moderne Krebstherapie macht derzeit Fortschritte, wie ich sie noch nie erlebt habe!" Der das sagt, überblickt inzwischen vier Jahrzehnte onkologischer Forschung und Praxis in Deutschland sowie international: Professor Volker Diehl aus Köln.

Mit dem Onkologen sprach Thomas Meißner, Mitarbeiter der "Ärztlichen Allgemeinen", über neue Therapiekonzepte, die Notwendigkeit von Veränderungen der Versorgungsstrukturen und über Sterbehilfe. Diehl hat seit dem Jahr 2003 das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg mit aufgebaut.

Das ist eine Kooperation zwischen Universitätsklinik Heidelberg, Deutschem Krebsforschungszentrum, Deutscher Krebshilfe und der Thoraxklinik Heidelberg. Auf klinischer Seite wurden kooperative onkologische Gruppen gebildet, in denen Strahlentherapeut, Chirurg, Urologe und onkologischer Internist gemeinsam behandeln



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Gruß Armin

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Steve-O
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Beitragvon Steve-O » 13.12.2005 16:04

Grüß dich Armin,

vielen Dank für den Link! Hab mir das Interview soeben mal durchgelesen und folgende Absätze beschäftigen mich gerade:

Diehl: "Bislang hatten wir ein Haus der Chirurgie, ein Haus der Strahlentherapie, jedoch kein richtiges Haus der internistischen Onkologie. Chemotherapien hat jeder gemacht, weil es leicht erschien, eine Spritze in die Hand zu nehmen und ein Zytostatikum zu verabreichen. Weil wir in Deutschland strukturelle Probleme haben, haben Krebspatienten in Deutschland im internationalen Vergleich eine geringere Chance, die Segnungen der modernen Onkologie in Anspruch zu nehmen und damit zum Teil schlechtere Überlebenschancen. In anderen Ländern darf nur derjenige Chemotherapien vornehmen und kriegt nur jener seine Tätigkeit bezahlt, der eine Qualifizierung nachweisen kann."

Und...

Diehl: "Wir merken bei den molekularen Therapien mehr und mehr, daß Krebs nicht ein monogenetisches Ereignis ist, sondern daß Tumorzellen wilde, intelligente und bösartige Wesen sind, die bei Ausschaltung eines Gens immer noch ein anderes Gen haben, das die Zelle weiter überleben läßt. Wir brauchen also einen multifaktoriellen Ansatz. Was wir suchen, ist der Hauptschalter im Keller, meist setzen wir mit unseren Therapien noch oben im Badezimmer an. Die moderne Krebstherapie macht aber derzeit Fortschritte in einer Weise, wie ich es nie zuvor erlebt habe - und ich forsche und beobachte das Feld seit nunmehr 40 Jahren. Was auf diesem Gebiet gerade passiert, ist noch nie da gewesen!"


Eure Meinung zu den fett gedruckten Sätzen?

...zum ersten Satz: Anscheinend ist die Medizin doch noch nicht so weit, wie wir es uns alle immer einreden uns wünschen- und ich war immer der Meinung, dass die Heilungschancen gerade in Deutschland am besten sind?!?

...zum zweiten Satz: Das bestätigt doch eigentlich, dass die Mediziner völlig im Dunkeln tappen, was die Ursachen betrifft... Es ist aber anscheinend auch der Fall, dass sich gerade einiges auf diesem Gebiet tut- bleibt für uns nur die Frage, wieviel wir von den neu gewonnenen Kenntnissen schon in unserer Therapie zu spüren bekommen...


Gruß

Stefan
Diagnose 10/2005: MH Stadium 1a mit Risikofaktor erhöhte BSG
Therapie 11/2005 bis 04/2006: HD 14 Arm A, also 4 Zyklen ABVD +17 x 1,8 Gray
Remission seit Mai 2006

"Wer kämpft, kann verlieren.
Wer nicht kämpft, hat schon verloren!" (B. Brecht)

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Arminio

Beitragvon Arminio » 13.12.2005 16:17

Hy Steve

diehl sagt weiterhin im Interview :

Diehl: Beim Morbus Hodgkin haben wir zum Beispiel früher etwas unsensibel acht Substanzen hintereinander gegeben und nicht aufgepaßt, welche Substanzen für die Tumorzelle tatsächlich am gefährlichsten sind. Ende der 1970er Jahre hatten wir damit eine etwa 40prozentige Heilungsrate bei fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom.

.... heute 80-90% (er muß ja tiefstapeln)
Das Interview ist ja auch allgemein gehalten für alle Krebsarten bzw. die Suche nach deren Entstehung.

Hodgkin wird ja positiv hervorgehoben, wobei mich die Begründung Diehls auch erstaunt :? :? :? nur die Reihenfolge der Zytostatika

LG Armin

Elisabeth
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Beitragvon Elisabeth » 14.12.2005 08:11

Hallo

also, dazu denke ich folgendes:
Was wir suchen, ist der Hauptschalter im Keller, meist setzen wir mit unseren Therapien noch oben im Badezimmer an.


Ich glaube auch, dass wir immer noch nur symptomatisch "rumdoktern". Die Frage ist nur, wo der Hauptschalter liegen könnte. Irgendwo in der Gesamtsteuerung... das geht dann in Richtung, Gehirn, Unterbewußtsein, allgemeines körperliches, geistiges und seelisches Gleichgewicht....oder ist doch bloß alles Chemie (Hormome), wie auch die Liebe.... :roll: ratlosbin

Weil wir in Deutschland strukturelle Probleme haben, haben Krebspatienten in Deutschland im internationalen Vergleich eine geringere Chance, die Segnungen der modernen Onkologie in Anspruch zu nehmen und damit zum Teil schlechtere Überlebenschancen.

Das kann man so nicht mehr sagen. Bei meiner ersten Runde 1993 musste ich mich zu 100% verlassen, was mir ein Arzt sagt. Durch den schon fast kollektiven Zugriff auf das Internet (1.Welt), hat sich dies extrem verändert. Gerade ein Forum wie dieses und Zugang zu Studien im In- und Ausland haben sehr viel zur Transparenz und Niveauangleichung beigetragen.

LG
Elisabeth
1993 MH 2A (7. Schwangerschaftsmonat), Bestrahlung (50gy) und Splenektomie
11/2003 Rezidiv 2A, 3X ABVD, HD Cyclophosphamid, vorsorgliche Stammzellsammlung, 2X BEACOPP, Bestrahlung
12/2004-2005 mehrmals Verdacht auf Frührezidiv nach PET
08/2015 alles ok
http://forum.hodgkin-info.de/viewtopic.php?t=778

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Olaf
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Beitragvon Olaf » 19.12.2005 23:30

Daß es in Deutschland am wissenschaftlichen bzw. am medizinischen Niveau liegt, glaube ich am allerwenigsten.

Da frage ich mich eher, was der gute Mann mit "strukturellen Problemen" meint. Für mich als NHL'er kommt ergänzend (zur Chemo) eine Antikörper-Therapie in Frage. Es wurde mir ziemlich unverblümt gesagt, daß ein geseztlich Versicherter hier Schwierigkeiten bekäme, da die Therapie sehr teuer ist und die Kassen das in der Regel nicht tragen. Der sog. "Bundesausschuß" (was immer das im medizinischen Fragen genau ist), hat dafür noch kein grünes Licht gegeben. Der Nachweis der allgemeinen Tauglichkeit ist wohl noch nicht erbracht.

Vorteil dieser Therapie ist, daß nicht (wie bei der Chemo) ALLE sich schnell teilenden Zellen angegriffen werden, sondern es werden speziell auf die analysierten Krebszellen ausgerichtete Antikörper verabreicht, die diese Zellen direkt bekämpfen.

Da ich privat versichert bin, wird das wohl kein Problem werden (ob's dann wirklich hilft, ist eine andere Frage, die sich noch herausstellen wird :wink2: .
Ich kann allerdings nicht fassen, daß man ein probates Mittel in der Schublade liegen hat, es aber nur angewendet wird, wenn die Krankenkasse/-versicherung zahlt. Überleben kann also auch hier mal wieder eine Frage des Geldes sein. :roll:

arminio

Beitragvon arminio » 20.12.2005 07:20

Hallo Olaf,

Rituximab,Mabthera werden auch an Kassenpatienten verabreicht- wäre ja wohl auch ein Unding- denn es wirkt.
Googst du mal hier :
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/1 ... izin/krebs
und auch hier

http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/1 ... tivmedizin

LG und alles Gute für die Therapie.

Armin

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Andreas
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Beitragvon Andreas » 20.12.2005 14:00

Ein schönes Interview mit viel offener Ehrlichkeit. Ich weiß nicht wie weit die "Comprehensive Cancer Centers" Entwicklung in den USA aussieht, aber ob Krebszentren der richtige Weg sind ist mir schleierhaft. Diese hätten doch schon von Begin an eine Kapazitätsknappheit bzw. der Patient gleicht einer Nummer.

Seine Meinung zu palliativen Therapiewegen hat mich bewegt. Sehr starke Aussagen, mit viel Wahrheit.

Eines der trostvollen Dinge in meinem Berufsleben war immer, daß ich einem Patienten, dem ich keine Heilung mehr versprechen oder sagen konnte, wie lange er noch zu leben hat, versprechen konnte: Der letzte Schritt auf dem Weg aus dieser Welt, der am schwersten wird und vor dem man am meisten Furcht hat, diesen Weg wirst du mit meiner Unterstützung gehen, ohne daß du leiden mußt. Das ist eine unendlich große Hilfe, wie ich in meiner eigenen Familie erfahren habe. Das ist der letzte und größte Akt der Nächstenliebe.


Ob gelogen oder nicht, so müsste jeder Arzt sein :D
Diagnose: 02/03; Stadium IVb
Therapie: BEACOPP esk. 6x
seit 10/03 in Vollremission


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