Wiedereinstieg in den Beruf mit 50+?

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barbatra
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Wiedereinstieg in den Beruf mit 50+?

Beitragvon barbatra » 12.01.2019 17:02

Liebe Leute,

ich hab jetzt meinen Zyklus 5 von 6x BEACOPP eskaliert angefangen - und langsam kommen die Gedanken, wie es weitergeht (höchstwahrscheinlich keine Bestrahlung; und dann zunächst hoffentlich Reha) - beruflich und finanziell. Nachdem ich schon eindeutig über 50 bin, stellen sich natürlich Fragen nach Belastungsfähigkeit, verbleibender Zeit bis zur Pension (wären noch 7 Jahre), Folgeschäden etc.

Gibt es hier im Forum noch andere Menschen, die ihre Diagnose / Chemo in einem ähnlichen Alter hatten? Wie lange habt ihr gebraucht, um wieder auf die Beine zu kommen, bzw. wie sah eure Lösung aus? Mir ist natürlich auch klar, dass die Sozialsysteme in Deutschland und Österreich verschieden sind .... möchte einfach nur Erfahrungswerte sammeln. Danke!
Hodgkin Mischtyp Stadium IIIB; Diagnose September 2018
Diabetes II schon seit > 10 J

6x BEACOPP eskaliert, von "voller Eskalation" bis Stufe 1

PET-CT Ende November 2018: mCR - große Erleichterung
PET-CT Ende Februar 2019: alles weg!
Reha März/April 2019 in St.Veit/Pongau
Reha März 2020 wegen Corona abgebrochen

NU 2-7 inkl LuRö, Sono: alles ok
letzte Diabetes-Kontrolle Februar 2021: gut eingestellt mit leichter Steigerung

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Jean
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Re: Wiedereinstieg in den Beruf mit 50+?

Beitragvon Jean » 13.01.2019 08:04

Hallo barbatra,

ich habe meine Diagnose 2012 im Alter von 52 Jahren bekommen und war dann wegen der Komplikationen (s. Signatur) insgesamt 32 Monate arbeitsunfähig. Während dieser Zeit bestand mein Arbeitsvertrag weiter, hat aber geruht. Nach Auslauf des Krankengeldes habe ich rückwirkend eine befristete Erwerbsminderungsrente bezogen.

Da eine offizielle Wiedereingliederung an strenge Regeln gebunden ist, ging das bei mir nicht. Ich habe deshalb selbst mit der Personalabteilung ausgehandelt, dass ich mit einer 20-Stunden-Woche anfange und nach einigen Monaten erst auf 25, danach dann weiter erhöhen könnte. Dies wurde über einen parallelen Arbeitsvertrag geregelt (ähnlich wie Mutterschutz, hat man mir gesagt). Als dieser dann auslief, wollte ich jedoch bei 25 Wochenstunden bleiben und so ist es bis heute. Ich arbeite an 5 Tagen à 5 Stunden, wobei es öfter mal später wird, so dass auch schon mal 6-7 Stunden zusammenkommen. Da wir jedoch gleitende Arbeitszeit haben, kann ich die Zeit wieder über freie Tage hereinholen. An längeren Arbeitstagen merke ich dann schon die Ermüdung - wobei es immer fraglich ist, wieviel davon meiner Krankheitsgeschichte und wieviel meinem Alter geschuldet sind.

Mittlerweile bin ich in "geblockter Altersteilzeit". Das heißt, ich arbeite weiterhin meine 25 Stunden, werde aber während 23 Monaten nur für die Hälfte davon bezahlt (+ Zuschläge). Dafür kann ich ab April zu Hause bleiben und werde weiterhin 23 Monate lang für 12,5 Wochenstunden bezahlt, bei 0 tatsächlichen Wochenstunden. Ab 1.3.2021 kann ich dann Rente beantragen (frühzeitig mit Schwerbehindertenregelung und Abschlägen).

Ich hatte das große Glück, dass ich am gleichen Arbeitsplatz und im gleichen Team wieder anfangen konnte. Zusätzlich haben meine Vorgesetzten Rücksicht genommen und mir Zeit gegeben, mich wieder einzuleben und einzuarbeiten, indem ich keine eng terminierten Aufgaben bekommen habe. Zudem habe ich auch während meiner Krankheit und Therapie den Kontakt mit Kollegen, Vorgesetzten und Personalabteilung nie abbrechen lassen.

Du siehst also, dass es auch mit einer längeren und härteren Therapie möglich ist, wieder zu arbeiten. Wenn du dich allerdings erneut um eine Stelle bewerben musst, dürfte es schwierig werden, den neuen Arbeitgeber von deiner Leistungsfähigkeit zu überzeugen. Es kommt natürlich auch sehr auf die Art der Beschäftigung an. Als Dachdecker hätte ich nicht weiterarbeiten können, als Software-Entwickler schon.

Ich wünsche dir alles Gute bei deiner weiteren Behandlung und viel Glück und Ausdauer beim späteren Wiedereinstieg ins Berufsleben.

Liebe Grüße,
Jean
mein Blog: https://isv20.wordpress.com

2001 diffus großzelliges Non-Hodgkin-Lymphom: 3 CHOP + Bestrahlungen
2003 Marginalzonenlymphom: Wait and Watch
2012 Morbus Hodgkin, nodulär-sklerosierender Typ, Stadium IIB:
ABVD (4 Zyklen, d.h. 8 mal)
PET-CT: refraktäre LK
2 DHAP, 2 IGEV, HD-BEAM mit autologer SZT
komplette Remission Dez. 2012
Reha in Oberstaufen Jan. 2013
2013 Rezidiv des MH von 2012
04/13: Bestrahlungen 15*2Gy
ab 05/13: 4 Brentuximab
ab 07/13: HD-FBM + allogene SZT
10/13-01/14: EBV, Lungenentzündung, Reha
02/14: komplette Remission
GdB 100, von 11.2012 bis 07.2015 Erwerbsminderungsrente
seitdem: es geht mir gut!
2018: Ende der regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen

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barbatra
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Re: Wiedereinstieg in den Beruf mit 50+?

Beitragvon barbatra » 13.01.2019 16:47

Hallo Jean,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Bei mir ist die Situation insofern noch einmal anders, weil ich selbständig bin (also kein verständnisvoller Arbeitgeber) und zwar nicht als Dachdeckerin arbeite, aber auch keinen Bürojob habe. Irgendwie ist es in dieser Hinsicht einfach ein blödes Alter: zu bald für die Frühpension (zu viele Abschläge) und zu alt, um noch einmal neu durchzustarten - ich denke aber auch, dass meinen Chancen auf eine (neue) Anstellung denkbar schlecht sind; neben dem Hodgkin und dem Alter kommt ja auch noch der Diabetes dazu.

Nun gut, nächste Woche gibts einen Termin mit einer Ärztin auf der Onko über den weiteren "Fahrplan" und ihre Einschätzung (eben Belastungsfähigkeit, Folgeschäden, ... - obwohl ich hier keine konkreten Auskünfte erwarte) und danach werde ich wohl einmal bei der Sozialversicherung anfragen, welche Modelle sie im Angebot haben. Und dann muss ich Entscheidungen treffen ... die Fixkosten für den Betrieb laufen ja jetzt die ganze Zeit weiter.

Übrigens, ich hab auch in den letzten Jahren schon gemerkt, dass die Arbeit anstrengender wird und ich mehr Zeit zur Erholung brauche - keine Ahnung, ob da der Krebs schon im Körper war oder es dem Alter geschuldet ist. Nachdem aber gleichaltrige KollegInnen Ähnliches berichten, tippe ich auf Letzteres ---- ob da die Versicherung Verständnis hat (noch dazu in der jetzigen politischen Situation?)
Liebe Grüße Barbara
Hodgkin Mischtyp Stadium IIIB; Diagnose September 2018
Diabetes II schon seit > 10 J

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