Matthias "matze"

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Matthias
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Matthias "matze"

Beitragvon Matthias » 23.11.2004 21:46

Hallo alle zusammen,

ich heiße Matthias, trete hier aber fast immer als "matze" auf. Ich gehöre zu der Fraktion der Rezidiv-Hodgies, soll heißen, dass ich leider schon zwei mal Bekanntschaft mit Mister Morbus Hodgkin (MH) machten musste. Aber der Reihe nach.

Die Diagnose zu meiner Ersterkrankung war im Juli 1985. Da ich keinerlei B-Symtome wie z.B. Nachtschweiß, Gewichtsverlust oder allg. Schlappheit, Müdigkeit oder so hatte, wäre ich auch zum damaligen Zeitpunkt nie drauf gekommen, dass ich Krebs habe. Vor allem nicht, weil ich im Juni 1985 noch mein Sportabitur gemacht habe (ohne körperliche Einschränkungen). Na ja, kam halt anders.

Bei der Bundeswehr wurde ich im Juli im Rahmen der Einstellungsuntersuchung auch geröntgt. Dabei wurde im Mediastinum eine Raumforderung festgestellt, die da nicht hingehörte. Ich kam ins Krankenhaus und wurde erstmal so richtig auf den Kopf gestellt. Dabei entdeckten die Ärzte auch einen Lymphknoten im linken Halsbereich, nähe Schlüsselbein (wie bei so vielen von uns). Dieser wurde mir dann entfernt und zur histologischen Untersuchung nach Kiel geschickt, wo damals noch der Lymphknoten-Papst seinen Sitz hatte. Eine Woche später kam das Ergebnis: MH. Das Staging was dann kam, unterschied sich in vielen Dingen von dem, wie ihr das heute kennt. Zunächst wurden mir Unmengen Blut abgezapft und ich weis bis heute noch nicht, welcher Vampir damit gefüttert werden musste. Damals kam gerade ganz neu die Computer-Thomographie auf den Markt und ich durfte als einer der ersten in diesem Krankenhaus in die Röhre. Kontrastmittel wurde noch über Pullen am "Ständer" intravenoes zugeführt. Pro CT ungefähr 1,5 bis 2 Liter!!!! Dabei stellten sie einen Tumor im Mediastinum fest, der etwa 15x10x5 cm groß war. Danach gab´s dann ein Skelett-sinti und eine der unangenehmsten Untersuchungen überhaupt: die LYMPHOGRAFIE. Es dauert jetzt zu lange, die im Einzelnen näher zu beschreiben, nur soviel: ich lag FÜNF Stunden auf einem harten Röntgentisch mit lauter Infusionsnadeln in meinen Füßen und dann wurden jede Menge Aufnahmen von mir gemacht. Als krönenden Abschluss des Stagings wurde mir (wie es damals noch üblich war) aus diagnostischen Gründen die Milz entfernt. War ´ne riesige OP, bei der auch gleichzeitig Knochenmarkproben und Leberproben entnommen wurden. Als die Ergebnisse dann alle zusammengestellt waren, kam als Stadium MH 2a heraus.

Die Therapie der ersten Wal war damals die Bestrahlung. Wenn ich mich richtig erinnere wurde ich mit 4000 Rd. gegrillt. Ich denke heute werden das wohl 40 Gy sein. Die Technik war damals noch nicht so richtig schonend und daher ist meine Haut in den Bestrahlungsfeldern auch mächtig geschädigt. Nach der Bestrahlung wieder ein CT (wieder bis zu 2 Liter Kontrastmittel). Dabei wurde festgestellt, dass der Mega-Lymphie nur etwa 1 cm am Rand eingeschmolzen war und so wurde noch eine Chemo drangehängt. Das Schema ist heute noch bekannt: COPP - damals auch DE-Vita-Schema genannt. Ich hatte damals ziemlich heftige Nebenwirkungen, weil es unter anderem noch kein Zofran gab. Wir bekamen (man höre und staune) Vomex. Das hilft noch nicht mal bei ´ner Magen-Darm-Grippe. Egal, is ja vorbei. Nach 6 Zyklen wieder ein CT (und wieder bis zu 2 Liter Kontrastmittel), aber Vollremission.

Was man in Deutschland 1985 anscheinend noch nicht wusste, war, dass bei alleiniger Gabe von COPP, von Mister MH Resistenzen aufgebaut werden können. Wohl bemerkt "können". Auf jeden Fall war das bei mir wohl der Fall, denn im August 1993 war es dann soweit: MH klopfte wieder mal an. Diesmal saß der Haupttumor in der linken Leiste mit einer Größe von rund 10x8x4 cm. Der wurde dann weggeschnibbelt und wieder nach Kiel geschickt. Die üblichen Staging-Geschichten usw.. Diagnose diesmal: MH 3b. Das "b", weil ich nun das ganze Programm durchgemacht habe, also Nachtschweiß, 10 Kilo Gewichtsverlust innerhalb 8 Wochen, Fieber bis 40,5° und absolut schlappi. Dazu kam, dass der Leisten-Lymphie auf meine Nerven gedrückt hat. Ich habe dadurch wahnsinnige Rückenschmerzen bekommen. Der Therapie-Mix ist heute nicht mehr bekannt: COPP-ABV-IMEP. Ich kann nur sagen, dass ich diesmal richtig heftig ran musste. Meine Onkologin sagte:"Diesmal geht´s zur Sache, damit wir MH endgültig vertreiben." Dank Zofran und einiger anderer Mittelchen habe ich die Therapie überstanden. Trotzdem ging es mir immer noch sehr schlecht dabei. Vor allem zum Ende der Therapie, als mein Körper schwächer wurde, habe ich schon sehr gelitten. Aber es hat sich gelohnt: ICH LEBE!!!!!

Ich lebe nun seit mehr als 13 Jahren in einer Vollremission und es geht mir gut. Die Strapazen der Therapien haben sich gelohnt und ich kann nur jeden Frischling hier im Forum ermutigen. Ihr schafft das auch und heute ist die Medizin und die Technik schon soooo viel weiter.

DESHALB: Lasst uns alle gemeinsam Mister MH so richtig in den Arsch treten (sorry für die harten worte). Gemeinsam sind wir noch stärker und werden allen, die während ihrer Therapie mal ein bisschen durchhängen, wieder auf die Beine helfen. Ich wäre 1985 und 1993 sehr froh gewesen, wenn es dieses Forum schon gegeben hätte.

So, nun reicht es erstmal.

Denkt immer daran: CARPE DIEM !!!!

Mit den besten Grüßen und Wünschen
Euer MATZE
07/1985 - Stadium PS IIa - 40 Gy, danach 6 Zyklen COPP
07/1993 - Rezidiv Stadium IIIb - 4 Zyklen COPP-ABV-IMEP
16 Jahre in Remission
05/2009 Hinterwandinfarkt
12/2009 schwere Mitralklappen- und Trikuspidalklappenrekonstruktion
03/2010 Neuerkrankung hochmalignes NHL, schnellwachsend, aber gut auf die Therapie ansprechend. Geplant 4 Zyklen DEXA-BEAM, gerade mitten im dritten Zyklus.

carpe diem

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