Das Leben nach der KMT

Hier kann sich jeder - in einem eigenen Thread - vorstellen. Ich bitte darum, hier auf ausschweifende Diskussionen zu verzichten. Für wichtige Themen steht dafür das "Morbus Hodgkin Forum" zur Verfügung, für weniger wichtige das "Plauder Forum"
Benutzeravatar
Nightred
Beiträge: 4
Registriert: 31.05.2013 13:34
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Das Leben nach der KMT

Beitragvon Nightred » 04.06.2013 19:51

Hallo,

nach langer Zeit habe ich auch nun den Weg hierher gefunden. Aber nicht nur um über die Krankheit, sondern eher um das Leben danach zu sprechen.

Diagnostiziert wurde MH bei mir 2006. Vermutlich durch einen reaktivierten Epstein-Barr Virus hervorgerufen, plagte auch mich ein unsterblicher Juckreiz. Das war teilweise so schlimm, dass ich mir mit Kämmen oder Stiften, ganze Stücke aus der Haut kratzte. Zudem hatte ich richtig dicke Knubbel im Hals und gute 20 Kilo abgenommen. Das CT brachte die Gewissheit und 2 Tage später war ich schon mit einer Viggo im Arm beim Onkologen. Erst im Laufe der Behandlung wurde ein Port gelegt und eine Gewebeprobe genommen, die hatten es sehr eilig mit der Chemo. Vor allem weil sich Wasser am Herzbeutel sammelte.

Dummerweise hatte man nach der Chemo auf eine Bestrahlung verzichtet, weil ich noch so jung war und man mir nicht unnötig Schaden wollte…

Die Quittung bekam ich Recht. Rezidiv und dann trotzdem Bestrahlung. Während die Bestrahlung am Hals wahre Wunder wirkte, flüchtete der Hodgkin zur Milz und machte es sich in der Leberpforte gemütlich. Das wurde dem Onkologen dann zu heiß und ich landete bei der Uni-Klinik Köln.

Dort dann das übliche: Chemo -> wieder Rezidiv.
Also entschloss man sich mir meine eigenen Stammzellen zu geben und eine Hochdosis Chemotherapie zu verabreichen -> wieder Rezidiv.
Also versuchte man es dann mit Spenderzellen und verabreichte mir wieder eine Hochdosis Chemotherapie -> wieder Rezidiv. Allerdings nur noch an der Leberpforte, da konnte bestrahlen.

Das hat man dann auch getan und zudem wurde das fremde Immunsystem inzwischen sehr aggressiv und das natürlich auch gegen den Krebs. Letztes CT vor 2 Wochen war sauber. :)

Dafür hab ich das Gefühl das mich „mein“ Immunsystem langsam fertig macht. CellCept, Certican, Sandimmun, Cortison. Alles hilft nur mäßig und die Abstoßungen sind schwer zu ertragen. Ich will mich nicht beschweren, ich lebe. Das zählt! Ich habe viele Freunde in der Uni Klinik gehen sehen, ich danke meiner Spenderin für diese Chance, aber es ist schwer! Das Immunsystem greift die Leber an. Klar, da saß ja auch der Hodgkin. Mir macht das wenig aus, weil ich keinen Nachteil dadurch verspüre und es ist lustig, neue Ärzte mit den Leberwerten zu erschrecken, wenn man ihnen nicht sagt das man transplantiert wurde. ^^

Auch bin ich dankbar das ich keine Abstoßungen an der Haut habe. Einige andere hat es da echt übel erwischt. :( Aber mir macht der Mund und die Augen zu schaffen! Diese Abstoßungen also „Graft-versus-Host-Disease“ haben die Speichel- und Tränendrüsen komplett zerstört. Nicht nur das ich mir alle 10 Minuten Augentropfen in die Augen kippen muss, ich kann kaum essen, weil ich es ohne Speicher ja gar nicht schlucken kann. Ich muss immense Mengen an Wasser trinken und kleinste zu essen. An Brot oder gar Toast ist gar nicht zu denken. Ich habe seit Jahren kein Brot mehr gegessen. Und ohne Speichel schmecken selbst meine ehemaligen Lieblingsgerichte wie Styropor. -.-

Zudem ist man ständig durch Immunsuppressiva geschwächt. Mich muss nur ein Kollege auf der Arbeit von der Seite anhusten und schon liege ich zwei Wochen mit Lungenentzündung im Krankenhaus. Zudem ist es mir sehr unangenehm, wenn ich mir auf Konferenzen ständig Augentropfen geben muss, oder bei der Mittagspause nicht richtig mitessen kann.

Es ist schwer noch Anschluss an die Gesellschaft zu bekommen. Das einen die Freundin und viele Freunde verlassen ist normal. Meine Ex hat glaube ich eine Woche Krankenhaus mitgemacht, dann suchte sie sich einen anderen. Und seitdem hatte ich auch nichts Festes mehr gefunden nur One Night Stands. Das liegt aber nicht an den Augentropfen, oder daran das ich kaum etwas esse. Ich denke die meisten kommen nicht damit klar, dass man keine Kinder mehr zeugen kann. Aber zum einfrieren der Samenzellen war damals leider absolut keine Zeit mehr.

Hmm, jetzt klingt das doch alles so negativ. Sollte es gar nicht. Das letzte CT hatte ein gutes Ergebnis, ich bin sehr glücklich darüber. Aber es ist schwer, auch wenn wieder gesund ist. Man ist einfach immer etwas geschwächt und lädiert. Dafür lebt man und dafür danke ich meiner Spenderin und der Uni-Klinik Köln sehr!
02.06 - 06.06 BEACOPP-14
03.07 - 04.07 IF-Radiatio ad 40Gy
08.2007 2 x DHAP mit Stammzellapharese
11.2007 HD-Cyclophosphamid
12.2007 HD-Etoposid
01.2008 HD BEAM und autologe SCT
11.09 - 12.09 2 Zyklen IGEV
01.2010 Allogene SZT Fludarabin/Treosulfan
12.10 - 01.11 Abdominelle Radiatio

Benutzeravatar
yoda
Beiträge: 2469
Registriert: 22.05.2009 09:00
Wohnort: Dagobah

Beitragvon yoda » 05.06.2013 07:21

Hi du!
Dich hats ja echt erwischt! Du warst also in der HD15-Studie mit 14tägigem BEACOPP Schema. Das gibt es ja heute nicht mehr und wurde bald verworfen. Sei es drum. Es hat dir übel mitgespielt. Solche Abstossungsreaktionen auf deine neuen Stammzellen haben wir hier noch selten zu lesen erhalten von Betroffenen, die auch eine allogene Transplantation hatten. Du leidest heute und das finde ich niemals gut.

Klar, damit kann man leben und es ist immer besser als zu sterben. Warum sind denn die Abstossungsreaktionen bei dir so vorhanden? Können die Ärzte dazu etwas sagen?
Morbus Hodgkin Stadium 4B mit Milz-, Leber- und multipler Knochenbefall; Therapieschema: BEACOPP 8x eskaliert
Therapiebeginn: 08.04.09; Therapieende: 16.09.09; alle Nachsorgeuntersuchungen bis 02.04.14 ok Vorstellung/Krankheitsgeschichte

Elisabeth
Beiträge: 635
Registriert: 29.06.2004 12:54
Wohnort: bei München

Beitragvon Elisabeth » 05.06.2013 12:10

Hallo,
ich bin hier nur noch gelegentlich unterwegs, hab aber gerade Deine Geschichte gelesen. Ich bin wirklich beeindruckt, was Du schon alles hinter Dich gebracht hast :shock: . Kannst Du denn mit all dem überhaupt Vollzeit arbeiten?
Ich wünsche Dir auf alle Fälle, dass sich die Nachwirkungen der Allogenen SZT noch abschwächen, und dass Du weiterhin viel Kraft hast und Deine positive Einstellung behältst.
VG
Elisabeth
1993 MH 2A (7. Schwangerschaftsmonat), Bestrahlung (50gy) und Splenektomie
11/2003 Rezidiv 2A, 3X ABVD, HD Cyclophosphamid, vorsorgliche Stammzellsammlung, 2X BEACOPP, Bestrahlung
12/2004-2005 mehrmals Verdacht auf Frührezidiv nach PET
08/2015 alles ok
http://forum.hodgkin-info.de/viewtopic.php?t=778

Benutzeravatar
Nightred
Beiträge: 4
Registriert: 31.05.2013 13:34
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Beitragvon Nightred » 05.06.2013 19:11

Hallo und danke für die Antworten!

Na dann gut das die BEACOPP 14 verworfen wurde, mir hat sie ja auch nicht so gut geholfen. ;-)
Wirklich viel sagen können die Ärzte in der Uni Klinik nicht dazu, obwohl ich da noch alle zwei Wochen zur Kontrolle hinfahre. Speichel- und Tränendrüsen sind halt zerstört. Selbst wenn die Abstoßungen mal nach lassen sollen, zerstört ist zerstört.

Das Einzige was ich halt machen kann, sind Ciclosporin Augentropfen und ordentlich Tramadol um das Essen irgendwie runterzuwürgen. Und genau da ist das Problem.

Ich arbeite Vollzeit als Buchhalter und kann die Augentropfen nicht wie vorgeschrieben morgens nehmen, denn die brennen wie Hölle und ich sehe danach kaum was und mit Tramadol sollte ich mich auf der Arbeit auch besser nicht abschießen. Ein bisschen denken muss ich ja schon noch. ;-)

Das ist natürlich kein schöner Zustand, aber in der Uni Klinik sind ja schon die besten Ärzte.
Klar, ich hab auch schon im Warteraum mit Patienten gesprochen die nach der Transplantation wieder topfit waren. Da ärgert es mich schon, dass ich mit 29 kaum noch eine Treppe ohne Pause hochkomme. Andererseits habe ich wie oben erwähnt auch viele auf Station sterben sehen. Die waren auch manchmal jünger als ich, also will ich auch nicht meckern…
02.06 - 06.06 BEACOPP-14

03.07 - 04.07 IF-Radiatio ad 40Gy

08.2007 2 x DHAP mit Stammzellapharese

11.2007 HD-Cyclophosphamid

12.2007 HD-Etoposid

01.2008 HD BEAM und autologe SCT

11.09 - 12.09 2 Zyklen IGEV

01.2010 Allogene SZT Fludarabin/Treosulfan

12.10 - 01.11 Abdominelle Radiatio

Lunita
Beiträge: 810
Registriert: 04.05.2010 12:48

Beitragvon Lunita » 06.06.2013 22:34

Hallo Nightred,

auch von mir ein herzliches Willkommen hier im Forum, wenngleich der Anlass dafür natürlich nicht toll ist. Und deine Lebensgeschichte mit dem Hodgkin bisher ist ja wirklich sehr ergreifend! Umso beeindruckender deine Einstellung! Da können sich viele Jammerlappen eine dicke Scheibe von abschneiden!
Hoffentlich lassen die Beschwerden durch die allogene irgendwann mal nach! Bestehen dafür denn Chancen? Oder bleibt immer ein Restrisiko, dass der Körper die fremden Zellen doch nicht akzeptiert? Immerhin reicht es doch, dass deine Tränen- und Speicheldrüsen schon zerstört sind. Das ist schon schlimm genug! Da braucht es doch nicht noch mehr Leid!
Liebe Grüße
MH Stadium 2B mit Risikofaktor großer mediastinaler Tumor
8xBEACOPP eskaliert, aufgrund ausgeprägter Leukopenie jedoch stetige Dosisreduktion bis BEACOPP Basis, Mai-Dezember 2010
Bestrahlung 30 Gy.

Benutzeravatar
Nightred
Beiträge: 4
Registriert: 31.05.2013 13:34
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Beitragvon Nightred » 04.07.2013 20:43

Hallo Lunita,

tut mir Leid das ich erst jetzt antworte. Ich war im Urlaub gewesen und wie man es so kennt, ist danach die Arbeit so viel stressiger, dass man gleich wieder wegfahren könnte. ;-)

Nun, die Ärzte sagen das Stammzellen irgendwann mal tolerant werden. Das merke ich mittlerweile auch... Momentan versuche ich es mit Cortisonstößen zu dämpfen, aber so ganz das wahre ist das nicht. Wenn ich Cortison nehme geht es mir zwar besser, aber irgendwann muss man es wieder absetzen und das ist echt nicht schön. Und die Tränen- und Speicheldrüsen bleiben vermutlich zerstört. Manche Ärzte sagen das knallhart und andere sagen es könnte sich wieder regulieren. Ich glaube die haben da noch keine Langzeiterfahrung. :)
02.06 - 06.06 BEACOPP-14

03.07 - 04.07 IF-Radiatio ad 40Gy

08.2007 2 x DHAP mit Stammzellapharese

11.2007 HD-Cyclophosphamid

12.2007 HD-Etoposid

01.2008 HD BEAM und autologe SCT

11.09 - 12.09 2 Zyklen IGEV

01.2010 Allogene SZT Fludarabin/Treosulfan

12.10 - 01.11 Abdominelle Radiatio


Zurück zu „Mitglieder Vorstellung“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 14 Gäste