Was genau bringt die Bestrahlung?

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terz
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Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon terz » 31.07.2018 21:11

Hallo Leute,

kurz zusammengefasst. Meine Mutter, 57 Jahre alt hat MH im Stadium IIIB. Sie war in einem relativ schlechten Allgemeinzustand und hatte zudem noch eine Hyperkalzämie. Aufgrund des schlechten AZ wurde sie mit ABVD behandelt, wobei sie bei der dritten Behandlung (also im 1,5 Zyklus) eine Lungenentzündung bekommen hat, die die Ärzte auf Bleomycin geschoben haben und deshalb die Behandlung weiter ohne Bleomycin fortgesetzt haben.

Nach 6 Zyklen war eine normale CT, auf der festgestellt wurde, dass die Lymphknoten deutlich zurückgegangen sind. Letzte Woche war die PET-CT und heute wurden die Ergebnisse besprochen. Kurz gesagt, es leuchtet immer noch an einer Seite am Hals, unter den Achseln und zwischen dem zweiten und dem dritten Wirbel.

Auf die Frage, wie es weitergeht, meinte der Arzt, dass es keinen Sinn mehr macht nach dem ABVD Schema weiter zu behandeln. Auch hatte er Sorge, dass meine Mutter DHAP nicht vertragen könnte. Sein Kommentar war aber, dass die Bestrahlung nichts bringt, wenn die Knoten immer noch wachsen.

Der Onkologe hat heute relativ lange mit einem Radiologen gesprochen und die sind irgendwie zum Entschluss gekommen, doch zu bestrahlen. Nächsten Dienstag ist noch ein gemeinsamer Termin dort, wo bestrahlt wird, bei der der Onkologe auch dazu kommen wird. Geplant ist momentan 3 Wochen jeden Tag zu bestrahlen. Ich weiß jetzt nur nicht ob 5, 6 oder 7 Mal die Woche.

Ich stehe momentan leider vor ein paar Fragen. Stimmt es wirklich, dass es keinen Sinn macht zu bestrahlen, wenn die Knoten noch wachsen? Und wenn die Bestrahlung nichts bringt, dann ist meine Mutter austherapiert? Bzw. muss dann DHAP über sich ergehen lassen, während der Körper noch von der ABVD und der Bestrahlung geschwächt ist? Macht es da überhaupt Sinn zu bestrahlen und nicht gleich DHAP zu gehen?

Und ich weiß nicht, wenn man sich in anderen Foren umhört, dann soll immer noch Cannabis relativ gut gehen Lymphome helfen. Wäre das nicht auch ein gangbarer Weg?

Walter Hoppenstedt
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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon Walter Hoppenstedt » 01.08.2018 09:07

Cannabis hilft gegen Lymphome? Selten so einen Schwachsinn gehört. Sorry, aber das musste sein. Wenn keine Behandlung geholfen hat, kann man sich seine verbliebene Zeit mit Cannabis erträglicher machen, aber das war es dann auch.
Ich denke, bei der Wahl der Therapie sollte man sich schon auf die Ärzte verlassen, die es sich ja offensichtlich auch nicht leicht gemacht haben. Die noch verbliebenen Herde mit Bestrahlungen zu bekämpfen hört sich jedenfalls nicht verkehrt an.

terz
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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon terz » 01.08.2018 12:25

Walter Hoppenstedt hat geschrieben:Cannabis hilft gegen Lymphome? Selten so einen Schwachsinn gehört. Sorry, aber das musste sein.


Wieso sollte es Schwachsinn sein? Divese Studien unter anderem diese hier zeigen, dass die MH-Zellen voller CB1 Rezeptoren sind, an die das THC andocken kann. Dort löst das THC unter anderem die Apoptose der Krebszellen aus, wie diese Studie zeigt.

Walter Hoppenstedt hat geschrieben:Ich denke, bei der Wahl der Therapie sollte man sich schon auf die Ärzte verlassen, die es sich ja offensichtlich auch nicht leicht gemacht haben.

Ich habe leider in der Vergangenheit relativ viele negative Erfahrungen mit Ärzten gemacht. Sich auf die Ärzte blind zu verlassen, halte ich schon per se für falsch und hat etwas von "Verantwortung abgeben". Ich persönlich bin der Meinung, dass man selbst die Therapie-Methode auswählen soll, statt sich blindlings auf die Ärzte zu verlassen.

Walter Hoppenstedt hat geschrieben:Die noch verbliebenen Herde mit Bestrahlungen zu bekämpfen hört sich jedenfalls nicht verkehrt an.

Ja, das mag schon sein - Die Frage ist jedoch, wieso? Wann hilft die Bestrahlung und wann nicht? Und gäbe es da nicht eine bessere Alternative?

Walter Hoppenstedt
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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon Walter Hoppenstedt » 01.08.2018 12:41

Deine Studie bezieht sich, soweit ich das auf die schnelle überblicke, auf eine Wirkung im Reagenzglas. Das ist etwas ganz anderes als eine reale Wirkung im echten Patienten. Im Gegensatz dazu sind Bestrahlungen seit sehr vielen Jahren erprobt und wirksam. Welche Methode letztlich die richtige ist, wird mit ergoogeltem Laienwissen nicht zu entscheiden sein, aber kein guter Arzt wird sich weigern, seine Empfehlung auch zu begründen. Dass man Ärztliches Handeln auch selbst hinterfragen sollte ist auch meine Erfahrung, aber ein Medizinstudium ist nicht durch ein paar Stunden Google und viel Wunschdenken zu ersetzen.

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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon terz » 01.08.2018 13:44

Walter Hoppenstedt hat geschrieben:Deine Studie bezieht sich, soweit ich das auf die schnelle überblicke, auf eine Wirkung im Reagenzglas. Das ist etwas ganz anderes als eine reale Wirkung im echten Patienten.

Also bei den Studien geht es auch um echte Patienten. Zitat: "These findings were also supported by in vivo studies and the majority of effects of cannabinoids are mediated via CB1 and CB2."

Walter Hoppenstedt hat geschrieben:Im Gegensatz dazu sind Bestrahlungen seit sehr vielen Jahren erprobt und wirksam. Welche Methode letztlich die richtige ist, wird mit ergoogeltem Laienwissen nicht zu entscheiden sein, aber kein guter Arzt wird sich weigern, seine Empfehlung auch zu begründen.

Dass die Bestrahlung seit sehr vielen Jahren erprobt ist, mag durchaus sein. Die Frage ist, ob es immer noch das Beste Mittel HEUTE ist. Und nach der Argumentation des Arztes hieß es am Anfang, dass die Bestrahlung wahrscheinlich nicht helfen wird und meine Mutter die DHAP Chemo wahrscheinlich nicht überstehen wird. Jetzt soll doch bestrahlt werden.

Wie kommst du darauf, dass kein guter Arzt sich weigern wird, seine Empfehlung zu begründen? Als die ABVD Chemo begonnen wurde, hat er mir nur eine Din A4 Falt-Broschüre in die Hand gedrückt und meinte, dass dort das Wichtigste steht. Und das war schon bei weitem mehr als die Onkologin bei meiner Oma gemacht hat.


Walter Hoppenstedt hat geschrieben:Dass man Ärztliches Handeln auch selbst hinterfragen sollte ist auch meine Erfahrung, aber ein Medizinstudium ist nicht durch ein paar Stunden Google und viel Wunschdenken zu ersetzen.


Das hat auch keiner behauptet. Allerdings werfe ich "Wer heilt, hat recht" dem entgegen. Ich arbeite Zielorientiert. Und wenn das Ziel auf die Schulmedizinische Art nicht erreicht werden kann, dann sollte man etwas anderes probieren - statt sich schon den Grabstein auszusuchen.

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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon Oliver2507 » 01.08.2018 14:03

Hallo,

terz hat geschrieben:Also bei den Studien geht es auch um echte Patienten. Zitat: "These findings were also supported by in vivo studies and the majority of effects of cannabinoids are mediated via CB1 and CB2."


"In vivo" bedeutet zunächst mal nur "an lebenden Organismen", damit könnten auch Tierversuche gemeint sein. Eine richtige klinische Untersuchung an Patienten mit Kontrollgruppe etc. gibt es meines Wissens bis lang noch nicht. Es kann ja durchaus sein, dass Cannabis in Zukunft eine gewisse Rolle bei der Therapie spielen könnte. Im Moment sind das aber alles noch Spekulationen und daher keine wirkliche Alternative zu den etablierten Standard-Therapien.

Zur Wirkung der Strahlentherapie kann ich nur sagen, dass in meinen Fall der Therapieplan ebenfalls vorsieht, am Ende der Chemo PET-positive Reste zu bestrahlen. D.h. dass man wohl davon ausgeht, dass dies was bringt.

Viele Grüße,
Oliver
04.05.2018: Wegen geschwollener Lymphkonten am Hals bei Hausärztin
24.05.2018: Lymphknotenentnahme und Biopsie
10.06.2018: Diagnose: Morbus Hodgkin: Stadium 3a (Mischtyp)

Teilnahme an Studie HD21: Aufnahme in BrECADD-Arm

22.06.2018: 1. Zyklus
13.07.2018: 2. Zyklus

03.08.2018: Zwischen-Staging per PET-CT: keine leuchtenden Stellen mehr auffindbar!! 4 Zyklen reichen!

03.08.2018: 3. Zyklus
24.08.2018: 4. Zyklus
18.09.2018: Abschluss-PET-CT: Alles weg!! :carrot:

05.11.2018: Wiedereinstieg ins Berufsleben

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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon terz » 01.08.2018 16:10

Oliver2507 hat geschrieben:"In vivo" bedeutet zunächst mal nur "an lebenden Organismen", damit könnten auch Tierversuche gemeint sein. Eine richtige klinische Untersuchung an Patienten mit Kontrollgruppe etc. gibt es meines Wissens bis lang noch nicht. Es kann ja durchaus sein, dass Cannabis in Zukunft eine gewisse Rolle bei der Therapie spielen könnte. Im Moment sind das aber alles noch Spekulationen und daher keine wirkliche Alternative zu den etablierten Standard-Therapien.


So wie ich es verstanden habe, ist die Bestrahlung im Fall meiner Mutter keine Standard-Therapie sondern.... bevor wir nichts tun, probieren wir die Bestrahlung auch mal aus. Und dann kann man auch mal etwas anderes ausprobieren.

Für alle, die es nicht kennen, hier ist noch ein Beitrag des Dr. med. Franco Grothenhermen auf dem Letzten deutschen Cannabis-Kongress:
https://www.youtube.com/watch?v=A4ulAosNXjc

Zwar geht es da nicht im MH, aber dennoch ganz interessant. Auf keinen Fall glaube ich, dass die Kombination aus Bestrahlung und Cannabis Schaden könnte, sondern nur gegen die Nebenwirkungen der Therapie wirkt und hoffentlich auch gegen MH.

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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon Walter Hoppenstedt » 01.08.2018 17:38

OK, ergänzend zur Bestrahlung ist das schon etwas anderes, keinesfalls aber als Alternative. Ich würde in dem Fall Cannabis als "wird schon nichts schaden"-Methode ansehen, und man wird genau prüfen müssen wie deine Mutter das verträgt. Ob es wirklich nichts schadet wird man eventuell nie erfahren, und eine mit dem Arzt nicht abgesprochene Gabe ist zumindest bedenklich.
Wie kommst du darauf, dass kein guter Arzt sich weigern wird, seine Empfehlung zu begründen? Als die ABVD Chemo begonnen wurde, hat er mir nur eine Din A4 Falt-Broschüre in die Hand gedrückt und meinte, dass dort das Wichtigste steht. Und das war schon bei weitem mehr als die Onkologin bei meiner Oma gemacht hat.
Ich bleibe in dem Zusammenhang bei "Ein guter Arzt wird...". Allerdings kommt es immer auf die konkrete situation an, also z.B. ob die Zeit für ein ausführliches gespräch da ist, und wie allergisch ein Arzt auf "Ich habe da im Internet eine bessere Therapie entdeckt" reagiert.

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Jean
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Re: Was genau bringt die Bestrahlung?

Beitragvon Jean » 01.08.2018 20:46

Hallo terz,

Austherapiert ist deine Mutter noch lange nicht. Ich hatte nach ABVD erst DHAP, dann IGEV, dann HD-BEAM mit autologer Stammzellentransplantation, dann Bestrahlungen, Brentuximab (war bei mir ganz ohne Nebenwirkungen, heilt aber anscheinend nicht dauerhaft) und schließlich diezweite Hochdosischemo mit anschließender allogener Stammzellentransplantation. Es war zwar ein langer und beschwerlicher Weg, aber inzwischen konnten ich den 5. Geburtstag meiner neuen Stammzellen bei guter Gesundheit feiern. Ich bin jetzt ungefähr im Alter deiner Mutter, war also damals auch nicht soo viel jünger.

Liebe Grüße,
Jean
mein Blog: https://isv20.wordpress.com

2001 diffus großzelliges Non-Hodgkin-Lymphom: 3 CHOP + Bestrahlungen
2003 Marginalzonenlymphom: Wait and Watch
2012 Morbus Hodgkin, nodulär-sklerosierender Typ, Stadium IIB:
ABVD (4 Zyklen, d.h. 8 mal)
PET-CT: refraktäre LK
2 DHAP, 2 IGEV, HD-BEAM mit autologer SZT
komplette Remission Dez. 2012
Reha in Oberstaufen Jan. 2013
2013 Rezidiv des MH von 2012
04/13: Bestrahlungen 15*2Gy
ab 05/13: 4 Brentuximab
ab 07/13: HD-FBM + allogene SZT
10/13-01/14: EBV, Lungenentzündung, Reha
02/14: komplette Remission
GdB 100, von 11.2012 bis 07.2015 Erwerbsminderungsrente
seitdem: es geht mir gut!
2018: Ende der regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen


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