Beziehung, Ehe & Partnerschaft

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StefanN
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Beziehung, Ehe & Partnerschaft

Beitragvon StefanN » 04.07.2004 23:28

Hi,

Ich wollte einfach mal neben den "Gesundheitstips" mal wissen wie Ihr eure Beziehung so meistert.

Ich bin z.Zt. verheiratet, zwei Kinder und es kommt immer wieder nach der Zeit der Erkrankung zu Streit :twisted: :twisted: mit meiner Frau. Ich bin im Moment sehr Zuneigungsbedürftig. Seit meiner Erkrankung ist nun mehr als ein Jahr vergangen. Der Gedanke das alles so vergänglich ist, der Zwang alles intensivist zu geniesen ist unentwegt da. Dazu gehört auch mein Wunsch nach Zweisamkeit, Liebe, Zärtlichkeit & Sex. :oops: Der Druck der sich zwischen uns aufbaut belastet halt unsere Ehe. Was soll man(n) machen. Viele raten das Ich auf Distanz gehen soll, das sich meine Frau nicht eingeengt, geklammert füllt. Mmmm, ist vielleicht das Beste aber manchmal steht man schon sehr einsam mit seinen Gedanken, Ängsten da.

Vielleicht werde Ich einfach nur Deprisiv..... :shock:

Gruss an allen Hodgkies,
Stefann
Parole : Niemals aufgeben !!!

Ellen

Beitragvon Ellen » 05.07.2004 09:52

Hallo Stefan,

ich kann Dich gut verstehen und glaube, Dein Problem ist nach so einer Krankheit ziemlich "normal". Ich ("geheilt" seit einem halben Jahr) habe momentan auch das Gefühl, dass die gesamte Umwelt (Freund, Arbeitskollegen und Freunde) davon ausgeht (bzw. sich das natürlich wünscht), dass jetzt wieder alles ganz normal ist. Dabei geht wahrscheinlich jetzt erst der ganze psychische Verarbeitungsprozess los, und den können Außenstehende meistens wohl nicht so gut nachvollziehen. Ich denke oft, das durch die Krankheit bedingte Bewußtsein der Vergänglichkeit macht uns seelisch ein paar Jahrzehnte älter als unsere Altersgenossen - und deshalb fühlt man sich oft sehr unverstanden und einsam. Man kann eben so eine Krankheit und was sie in einem auslöst nur 100%ig verstehen, wenn man sie selbst erlebt hat. Umso wichtiger finde ich es, möglichst viel mit dem Partner zu sprechen und zumindest zu versuchen, ein (gegenseitiges) Verständnis aufzubauen. Auf Distanz zu gehen, halte ich für völlig falsch. An jeder Beziehung muss man schließlich arbeiten, und das Verarbeiten der Krankheit stellt dabei eine besondere Herausforderung dar.

Liebe Grüße und alles Gute!

Sascha
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Beitragvon Sascha » 05.07.2004 10:33

Hallo Stefan,

meine Frau und ich haben das gleiche Problem und bald jeden Tag hängen wir aneinander und sie ist auch noch hoch schwanger. Ich war eigentlich jeden Tag von morgens bis abends zur arbeit und sie ist seit 5 Jahren (nach der Geburt unserer ersten Tochter) immer zu Hause gewesen. Pötzlich bin ich dann auch zu Hause und wir sind den ganzen Tag zusammen und sie meinte zu mir ich könne nicht von Ihr verlangen dass sie nach all den Jahren einfach alles anders macht, bloss weil ich zu Hause sei. Hier hat Sie auch nicht unrecht. Ich denke auch oft, wir sind doch die kranken und wir müssen verstanden werden. Aber unsere Partner haben es wohl auch nicht einfach mit der Situation.
Ich weiss zwar auch noch nicht wie es bei uns weiter gehen wird, bin aber der gleichen Meinung wie Ellen, dass Abstand die falsche Entscheidung ist.
Einfach über alles reden und jedes Problem ansprechen, denke ich ist die beste Lösung für die ganze Familie, denn es sind ja auch noch Kinder da.

Ich wünsche Euch alles Gute

Sascha

sassi

Beitragvon sassi » 05.07.2004 10:40

hallo stefan

ich hatte während meiner krankheit und auch 2jahre danach keinen partner. und war eigentlich immer froh darüber.

ich denk es ist echt schwer für die "anderen" uns zu verstehen. wenn es ausgestanden ist glaubt jeder man ist wieder der alte.
aber man ist sicher nie mehr wie vorher. ich hab immer noch das gefühl "anders" zu sein, obwohl es schon länger her ist.

auf distanz gehen wäre sicher nicht das richtige. du solltest wirklich versuchen mit deiner frau zu sprechen. ich denke,sie ist wrschl. auch etwas überfordert mit allem. wrschl. braucht sie auch mal zeit, um wieder kraft zu tanken. für einen partner ist es sicher auch sehr schwer, das alles durchzustehen.
du bist ja zum glück wieder gesund. ich denke mal sie war für dich immer da und hat ihr bestes versucht dir zu helfen. vielleicht erwartet sie nun auch etwas von dir. frag sie-was sie will!!

und.....du bzw.ihr habt jetzt so viel geschafft! das schafft ihr auch noch!!

LG
sassi

Elisabeth
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Elisabeth

Beitragvon Elisabeth » 05.07.2004 11:08

Hallo,
ja, ich denke, durch die Krankheit werden die Karten neu gemischt, und nach der Krankheit dann nochmals. Aufgaben verschieben sich, und der Partner muss damit klar kommen, dass man einen Weg geht, den er vielleicht manchmal gar nicht mitbekommt.
Ich hatte den "Vorteil", dass mein Mann vor zwei Jahren eine schwere Krankheit durchmachen musste, und dass ich dadurch beide Seiten kenne. Aber irgendwie muss man immer dranbleiben, damit sich nichts Negatives verfestigt. Außerdem finde ich es wichtig und gut für die Kinder, dass sie sehen, dass man schwierige Situationen auch durchstehen kann, wenn man zusammenhält. Und dann sollte jeder, auch die Kinder, noch ihre eigenen Lebensbereiche/Interessen/Hobbys aufrecht erhalten können, damit nicht die schwarze Krankheitswolke über der ganzen Familie schwebt.
So, das war jetzt die ganze Theorie. Die Praxis müssen wir jetzt wieder leben.
Alles Gute Euch
Elisabeth

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Andreas
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Beitragvon Andreas » 05.07.2004 15:51

Das Leben hat sich für alle verändert. Unweigerlich, unaufgefordert und total unpassend. Unsere Partner sind uns immer eins voraus: sie können gehen wann sie wollen und ihr Schicksal in die Hand nehmen. Wir sind unweigerlich an unsere Schicksale gebunden und werden davon auch nie wieder loskommen. Das soll jetzt nichts negatives sein. Ich hatte während meiner Krankheit eine wundervolle Beziehung, sie hat mir durch die Zeit hindurch geholfen und stand mir immer mehr als bei. Sie hat gelitten, meine Familie hat gelitten (vielleicht sogar mehr als ich). Nach der Krankheit veränderte ich mich, bis heute verdaue ich den psychischen Schock und arbeite alles ganz langsam auf. Dieses viel beschriebene Loch nach der Krankheit ist wirklich immens und das war der Todesstoß unserer Beziehung. Ich musste mich aber diesem Schicksal stellen und im Endeffekt hab ich viel gelernt. Alles ist vergänglich, so schlimm wie es auch ist. Eben auch die Liebe. Ich denke nur die Beziehung zu eigenem erschaffenem Leben kann diese Hürde überbrücken. Aber soweit bin ich noch nicht, ich sehe es halt nur an meiner Familie, die immer zu mir gehalten hat, mich immer noch aushält, so schwierig wie auch manchmal bin.

An jetzige Beziehungen geh ich lockerer heran. Aber leichter ist es nicht. Gerade dadurch, dass man manche Situationen nicht mehr überspielt, macht es so schwer. Ich habe mich zum direkten Menschen entwickelt. Ich sage überall meine Gedanken und damit kommen einige Menschen nicht klar. Wie auch. Vor 2 Jahren war ich selber noch in diesem Gedankengang. Ich gebe Ellen voll Recht, wir sind im Prinzip alleine und einsam. Selbst andere Kranke helfen da weniger hinüber.

Leben ist Entwicklung und man macht doch in der Zeit der Therapie einen Sprung. Mag sein das es an meinen jungen Jahren liegt, aber ich glaube auch das etwas ältere Semester vollzieht diesen Sprung. Folgt der Partner wird die Beziehung erfolgreich. Andernfalls entwickelt man sich in zwei Richtungen. Ich trenne da einfach mal das Bedürfnis nach Wärme, Geborgenheit und Sex mit wahrer Liebe. Aber sicher müsste ich einfach mal ein bissel investieren, dann zahlt sich das alles irgendwann wieder aus *g* Bin halt eine richtig faule Sau geworden, in jeder Lebensart ;)

Sascha: du brauchst unbedingt ein Hobby *g*

StefanN
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Beitragvon StefanN » 06.07.2004 00:08

Hi,

danke für eure Antworten. Ich liege gerade auf der Couch nachdem Ich wieder einmal mit meiner "Alten" zoff hatte. Ich will denn weiblichen Mitgliedern nicht so sehr auf den Schlips tretten aber manchmal ist meine Frau anstrengend.

Nun nach einem "tollen" Abend voller Liebe und Zärtlichkeit, was war das nochmal ? Überlege Ich wirklich wie es weiter gehen soll. Aaaaa, der Schmerz ist halt da. :cry:

Ihr habt gesagt das Ich nicht auf Distanz gehen soll aber meine Frau möchte halt Ihre "Ruhe". Sie will auf mich zukommen. Ich warte aber schon seit Tagen, Wochen & Monaten das mal was passiert.

Andreas, Ich geb Dir Recht mit deiner Aussage das die Krankheit einen Beziehung festigen kann, oder die Wege trennen sich.

Im Moment schlage Ich gerade den zweiten Weg ein, trotz der Kinder die Ich über alles Liebe. Aber wer fragt mich. Bin Ich noch für meinen Partner wichtig ? Nach der Krankheit oder überhaupt.

Scheisse, ein wenig Zuneigung, ein Kuss, ein nettes Wort, ein Lächeln und schon würde es mir besser gehen.

StefanN
Parole : Niemals aufgeben !!!

sassi

Beitragvon sassi » 06.07.2004 13:55

eh stefan

deine parole: niemals aufgeben :!:

hört sich schon sehr traurig an, das ganze. aber wenn man so wenig weiss über jemand ist es schwer ratschläge zu erteilen.
ich wünsch euch beiden sehr, dass ihr rechtzeitig die kurve kratzt,bevor alles den bach runter geht.
irgendwie hab ich das gefühl, deine frau sagt nicht echt was los ist. ob drängen hilft oder abstand müsstest eigentlich du am besten wissen.

vielleicht schaffst du es doch, eine ruhige atmosphäre zu schaffen, und sie selbst zu fragen, ob du für sie noch wichtig bist....usw. ob ihr verhalten mit deiner krankheit zu tun hat...etc.
das musst du echt sie selbst fragen.

ich wünsch euch aaaaallllles gute und hoffe ihr "rauft" euch wieder zusammen!!

LG Sassi

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armin
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Beitragvon armin » 06.07.2004 14:50

hey Stefan,
ich bin seit 3 jahren single und habe es auch genossen. Allerdings stellt so eine krebsdiagnose eine extreme belastungsprobe für jede beziehung dar.
Meine Mutter hatte letztes Jahr ein Nierenkarzynom, mein Vater hat sie auch schwer genervt, weil er einfach nicht gesehen hat daß die Psyche des Krebspatienten (My dear mother) sehr zart ist, weil ja nach so einer schrecklichen krebsdiagnose selbst erst mal in ein tiefes schwarzes loch fällt (zumindest ein teil von euch).
Aber sehe es mal so in spätestens 5-6 Monaten bist du geheilt, zumindest krebsmäßig und das sollte jede gute Beziehung aushalten, erst recht , wenn Kinder da sind.
So auch ihr habts bakld hinter euch.
Ganz viele GrüßeBild
arminBild
Diag. 2/2004 ,MH 2a (Mischtyp) mit Risikofaktor (Bulk im Mediastinum 6,5x4,3x4,4cm und 3 Areale befallen) 1xABV Rest ABVD (4 Zyklen) ,30 Gy, Totale Vollremission , offiziell geheilt

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Beitragvon Anni » 06.07.2004 19:45

Einsam im Nebel zu wandern
Leben heisst einsam sein
Kein Mensch kennt den andern
Jeder ist allein.
Hermann Hesse.

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Andreas
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Beitragvon Andreas » 06.07.2004 22:37

Ich glaube die wahren Probleme kommen erst nach der Therapie. Ich will da keinem Angst machen, aber ich bin erst nach der ganzen Therapie in dieses Loch gefallen, als ich Zeit hatte mir über alles und jeden Gedanken zu machen.
Und der Hesse triffts wieder genau, zumindestens die letzten beiden Verse.

Stefan: Nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Darf ich Fragen ob du Cortison bekommst? In täglicher, hoher Dosis? Da kommt man schon mal auf sehr eigenartige Gedanken. Versuch mit deiner Frau darüber zu reden. Weil ich glaube du bist jetzt ein anderer Mensch als du es vorher warst und wieder sein wirst. Es ist halt eine Extremsituation. Und mach einfach nicht den gleichen Fehler wie ich ;)

Ellen

Beitragvon Ellen » 07.07.2004 13:17

...trotz allem sollte man das nicht zu negativ sehen. Schließlich sagt Hesse ja auch "wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, (...)" (mein Lieblingsgedicht, "Stufen"), also aus jeder Situation, die das Leben mit sich bringt, versuchen, das beste herauszuholen und nicht dem "alten Leben" nachtrauern. Sicher sind unsere Erfahrungen auch eine große Chance. Denn wer in unserem Alter wird schon "gezwungen", sich über Wesentliches so intensiv Gedanken zu machen. Wenn man sich (entweder in der Beziehung oder mit anderen) darüber austauschen kann, sehe ich das sogar manchmal als großen Gewinn - trotz aller Tiefs und traurigen Momente.

Also Kopf hoch. Wir lassen uns doch nicht unterkriegen !!!

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Matthias
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Beitragvon Matthias » 07.07.2004 17:18

Hi Stefan,

das ist wohl jetzt mit die schwierigste Zeit in deinem Leben.

Ich gebe Andreas recht, dass viele Krebspatienten während und (vor allem) nach der Therapie viel über ihr bisheriges und zukünftiges Leben nachdenken. Auch ich bin davon überzeugt, dass sich die meisten von uns durch den MH weiter entwickelt haben oder werden. Ich habe mich bei meinem Rezidiv in 1993 von meiner ersten Frau getrennt. Bestimmt nicht nur wegen der Krankheit (lief schon vorher nicht so richtig rund). Ich habe mir aber schon oft die Frage gestellt, ob mein Leben so weitergehen soll. Und dabei bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass ich etwas ändern muss, auch meine Beziehung.

Ich habe mich seitdem sehr verändert, ähnlich wie bei Andreas. Ich gehe viel offensiver mit meinen Mitmenschen um. Damit kommt nun wirklich nicht jeder klar. Bisweilen wird mir auch mal Egoismus vorgeworfen. Mag sein, dass ich in einigen Situationen eher mal an mich denke und schon mal "NEIN" sage, wo ich früher eben immer "JA" gesagt habe. Mir geht es aber heute besser und ich lerne, gerade im Bezug auf meine eigene Person, immer noch jeden Tag dazu.

Stefan, es gibt kein Patentrezept für deine jetzige Situation. Du musst deinen eigenen Weg suchen und du wirst ihn auch finden; mit oder ohne deine Frau. Aber egal welchen Weg du künftig einschlägst, du wirst ihn gestärkt beschreiten.

lg Matze


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