RT vs. OP

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Doctor Who

RT vs. OP

Beitragvon Doctor Who » 03.07.2014 09:13

Meine Frage bezieht sich hier auf HD17 und axillären und/oder cervikalen Befall, lässt sich aber sicher auch ausdehnen.

Dass eine OP initial therapeutisch vollkommen sinnlos ist, habe ich verstanden. Nachdem die Chemo keine Remission erreicht, wird jedoch nur das betroffene tumoröse Restgewebe bestrahlt (HD17), nicht das gesamte lymphatische System.

Es stellt sich mir (und ich nun euch) die Frage, warum die RT einer OP vorgezogen wird. Selbstverständlich birgt die OP ein einigermaßen hohes Risiko. Dagegen erreicht man oft nahezu ohne Risiko eine Heilung durch die RT. Was die Spätfolgen angeht, die nicht selten erneut in einer Krebsentstehung bestehen, ist die RT aber mMn deutlich unterlegen.

Ich gebe zu bedenken, dass die operative Entfernung der axillären lymphknoten Standardtherapie bei Brustkrebs ist.

Was habe ich hier übersehen?

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maikom
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Beitragvon maikom » 03.07.2014 15:44

Die Frage ist durchaus interessant und berechtigt. Medizinisch sehe ich tatsächlich das höhere Risiko bei einer OP gerade im mediastinalen Bereich, wo evtl. der Brustkorb aufgesägt werden muss, da ist eine Bestrahlung vom Risiko her einfach zu handhaben.

Desweiteren wird ja bei einer Bestrahlung nicht nur der eine Lymphknoten bestrahlt, sondern auch die Nachbarlymphknoten mit. Es sind zwar mittlerweile kleinere Bestrahlungsfelder als vor 20 Jahren, aber wenn man diese mit der Größe der befallenen Restlymphknoten vergleicht, sind die Felder tatsächlich noch riesig. Ich habe mir meine Bestrahlungsfelder zeigen lassen.

Ich kenne Fälle den wurden befallene Lymphknoten herausoperiert und so wurde teilweise das Stadium von beispielsweise III auf I runter korrigiert und die Chemo konnte reduziert werden. Aber das sind halt die seltenen Fällen. Da brauchste aber mutige Onkologen dazu und nicht welche die nach Standard vorgehen.

Ich denke der Vorteil der Radiotherapie liegt in der Größe des Umfangs. Und wenn in einem Nachbarlymphknoten nur 100 Tumor-Zellen stecken die überlebt haben, reicht das reine Entfernen des offensichtlichen Knoten nicht aus.

Aber einen Versuch bzw. eine Studie dazu wäre durchaus interessant.
Morbus Hodgkin, ED 07/2012, 2A ohne RF,
HD 16, 2 Zyklen ABVD und Bestrahlung 20 Gy

Wissenswertes über Morbus Hodgkin
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Beitragvon Doctor Who » 03.07.2014 16:54

maikom hat geschrieben:Ich denke der Vorteil der Radiotherapie liegt in der Größe des Umfangs. Und wenn in einem Nachbarlymphknoten nur 100 Tumor-Zellen stecken die überlebt haben, reicht das reine Entfernen des offensichtlichen Knoten nicht aus.

Stimmt. Relevant wäre das für Stämme, die aufgrund ihrer geringen Masse außerhalb der hauptsächlich betroffenen Regionen trotz Resistenzen nicht überleben, während/nach der Chemotherapie aber aus der größeren Rest-Tumormasse heraus benachbartes lymphatisches Gewebe infiltrieren. Wie wahrscheinlich das ist, weiß ich nicht. Man kann es auch nicht nachlesen.

Pubmed gibt leider *nichts* über einen Ersatz von RT durch Operation her (Stichwörter Hodgkin's Desease Surgery Chemotherapie).

Ein Artikel beleuchtet die OP isolierter Mediastinaltumoren (ca. 150 Patienten, vollst. Entfernung/Reduktion/Biopsie). Nicht das, was ich suche.

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Schneider1983
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Beitragvon Schneider1983 » 03.07.2014 22:52

Bei einer Operation würde ich die zerschnittenen Nerven nicht ausser Acht lassen. Spreche da leider aus Erfahrung. 5 OPs und teilweise noch immer "taube" Stellen.
_________________
Diagnose Mai 2010
Morbus Hodgkin, 2A , HD 16
2 Zyklen ABVD und Bestrahlung 20 Gy
Mai 2012 Rezidiv mit ähnlichem Stadium
3 x DHAP ---> HD BEAM ---> autologe SZT
PET leuchtet noch was im Medistinum
Bestrahlung 30 Grey in 17 Terminen
PET CT ---> Negativ
PET CT ---> Rezidiv ---> allogene SZT
27.05.2013 - Brentuximab Vedotin Nr. 1
17.06.2013 - Brentuximab Vedotin Nr. 2
10.07.2013 - Brentuximab Vedotin Nr. 3
PET CT ---> nix leuchtet
30.07.2013 - Brentuximab Vedotin Nr. 4

22.08.13 Anfang KMT UKM Münster für 29 Tage
Entlassung
Dez. 13 PET CT ---> leuchten am Hals, aber negativ
Feb. 14 PET CT ---> erneutes leuchten am Hals
Sep. 14 PET CT ---> nix leuchtet
Sep. 15 PET CT, Knochenstanze ---> ALLES BESTENS

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Beitragvon Doctor Who » 04.07.2014 10:24

Schneider1983 hat geschrieben:Bei einer Operation würde ich die zerschnittenen Nerven nicht ausser Acht lassen. Spreche da leider aus Erfahrung. 5 OPs und teilweise noch immer "taube" Stellen.

Würde ich nie vergessen: Als es um meine Biopsie am Hals ging, habe ich mich mit den Komplikationen beschäftigt und war bereits drauf und dran, die OP zu verweigern. "Hey, ich hab' doch kein Krebs", dachte ich noch. Und nun sollte mein Körper das unter hohem Risiko beweisen. Am Ende habe ich es doch machen lassen und Glück gehabt. Allerdings hatte ich ein langes Gespräch mit dem Chirurgen und einen guten Eindruck gehabt. Ein Bär von einem Mann, sehr bedächtig. Hätte von der äußeren Erscheinung auch Schlachter sein können ;-).

Nun stehe ich unter dem Eindruck von Purmaus' Geschichte. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, Zungenkrebs ohne Bestrahlung zu bekommen? Wie grausam können die daraus entstehenden Einbußen der Lebensqualität werden? Was ist dagegen eine halbseitige Gesichtslähmung oder der schmerzfreie oder unerwartete Tod im OP durch Verbluten? Sorry, ich möchte niemandem zu nahe treten oder Gefühle verletzen, aber ich sehe die Strahlentherapie nicht als Option, solange die Wirksamkeit einer plausiblen Alternative nicht klar widerlegt ist.

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Beitragvon Schneider1983 » 04.07.2014 16:47

Das wirste wohl mit Dir selber ausmachen müssen! ;-)

Meine Meinung...lass bestrahlen...solltest Du Spätfolgen haben, so meine Ansicht, gibt es hoffentlich dann wieder neue "Antikörper" die das ganze gerade biegen. Wurde bis dato 2 mal bestrahlt... bisher alles top! Pumpe läuft rund! ;-)
_________________

Diagnose Mai 2010

Morbus Hodgkin, 2A , HD 16

2 Zyklen ABVD und Bestrahlung 20 Gy

Mai 2012 Rezidiv mit ähnlichem Stadium

3 x DHAP ---> HD BEAM ---> autologe SZT

PET leuchtet noch was im Medistinum

Bestrahlung 30 Grey in 17 Terminen

PET CT ---> Negativ

PET CT ---> Rezidiv ---> allogene SZT

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17.06.2013 - Brentuximab Vedotin Nr. 2

10.07.2013 - Brentuximab Vedotin Nr. 3

PET CT ---> nix leuchtet

30.07.2013 - Brentuximab Vedotin Nr. 4



22.08.13 Anfang KMT UKM Münster für 29 Tage

Entlassung

Dez. 13 PET CT ---> leuchten am Hals, aber negativ

Feb. 14 PET CT ---> erneutes leuchten am Hals

Sep. 14 PET CT ---> nix leuchtet

Sep. 15 PET CT, Knochenstanze ---> ALLES BESTENS

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Beitragvon maikom » 07.07.2014 08:45

Man darf sich von den negativen Geschichten nicht immer beeinflussen lassen, da machst du einen Denkfehler. Sie es mal von der statistischen Seite, der Fall von Purpurmaus ist einer von wie vielen die bestrahlt wurden?

Natürlich schreiben die jenigen nichts, bei denen kaum Langzeitschäden durch die Bestrahlung auftraten. Ich will eine Bestrahlung nicht verharmlosen, wollte nur, das du das gelesene nicht immer auf dich selbst projiziert. Es gilt wie immer....alles kann, nichts muss passieren.

Wie Jonas schon sagt, es geht auch viel Hoffnung in die Richtung das die Medizin Fortschritte macht...eine Bestrahlung ist leichter zu überstehen, als eine Hochdosis mit Stammzellentransplantation bei einem Frührezidiv.
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Beitragvon Doctor Who » 07.07.2014 10:35

Jonas' Vertrauen mag ich nicht so recht teilen. Was leicht übersehen wird ist das über die Zeit steigende Risiko. Nach einigen Jahren ist das Rezidiv-Risiko praktisch vom Tisch. Dann aber beginnt der Spaß mit den Sekundärerkrankungen. Und deren Wahrscheinlichkeit nimmt nicht ab, sondern wächst im Gegenteil stetig.

Aber Jonas hat dennoch recht - das muss man mit sich selbst abmachen. Solange die eigenen Entscheidungen irgendwie fundiert waren, kann man mit den Ergebnissen auch gut umgehen, denke ich.

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Beitragvon maikom » 07.07.2014 10:45

Ja aber die Zukunft ist eh spekulativ. Du hast das Risiko wenn du mit dem Auto fährst einen lebensbedrohlichen Unfall zu haben. Vielleicht hättest du eh mit 50 einen Herzinfarkt bekommen, weil medizinisch dein Herz schon immer schwach war.

Der Vorteil den wir einfach haben, das wir engmaschig kontrolliert werden und man auch bei den Nachsorgen immer wieder gewisse Dinge für sich einfordern muss. So werden eventuelle Dinge auch vielleicht frühzeitig erkannt und können besser behandelt werden, als bei normalen Menschen die zu keine Krebsvorsorge gehen.

Klar hat man ein erhöhtes Risiko, aber die Chemo hat genauso viel kaputt gemacht, da kannst die Chemo gegenüber der Bestrahlung nicht verharmlosen. Die Zellgifte suchen sich ja nicht nur die bösen Zellen raus.

Ich wünsch dir das deine Abschlußuntersuchungen alles super sind und das sich dann die Frage nach einer Bestrahlung gar nicht stellt. Aber wie willst du dann reagieren, wenn der Arzt sagt, die Chemo hat super gewirkt, aber er sieht da noch kleine Reste oder Aktivitäten....

Wie gesagt, ich wünsche dir, das einfach alles weg ist...
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Beitragvon Doninha » 07.07.2014 11:07

Hi

ich sehe es mal so.... durch die Therapie (Chemo + Bestrahlung) habe ich jetzt überhaupt die Möglichkeit mich über Spätfolgen Gedanken zu machen.
30.08.13 -> Hodgkin Befund - MH 2a mit RF - HD 17
18.09.13 -> 2x BEACOPP -> drin
30.10.13 -> 2x ABVD -> drin
07.01.14 -> PET-CT nix leuchtet !!!!!
Antwort aus Köln : HD 17 Studienstrang A
04.02.14 -> Bestrahlungsbeginn mit Zwangspause inkl. 14 Tage Krankenhaus. Rosenmontag war alles dann fertig.
03.2014 -> AHB auf Föhr
05.2014 -> Port raus, endlich!

1. NU -> alles Super
2. NU -> PET-CT schön dunkel ->"Sie sind gesund" (o.Ton Onkologe) \o/
3. + 4 NU -> alles Super
5. NU -> verschiebt sich wegen ET \o/ Kind kam gesund und munter zur Welt
6. - 9. NU -> alles ok

Doctor Who

Beitragvon Doctor Who » 07.07.2014 11:45

maikom hat geschrieben:Klar hat man ein erhöhtes Risiko, aber die Chemo hat genauso viel kaputt gemacht, da kannst die Chemo gegenüber der Bestrahlung nicht verharmlosen. Die Zellgifte suchen sich ja nicht nur die bösen Zellen raus.

Da hast Du vollkommen recht. Der Mist ist auch mutagen. Aber es ist nach dem derzeitigen Stand unvermeidlicher Mist ;-), d.h. ohne Chemo kann ich auch gleich auf das baldige Ende warten. Die Konsequenz, eine Substanz aufgrund von unvertretbaren Komplikationen wegzulassen, habe ich allerdings schon bewiesen und fühle mich gut damit. Wir werden nämlich nie wissen, zu welchem Ergebnis ein alternativer Weg geführt hätte.

maikom hat geschrieben:Aber wie willst du dann reagieren, wenn der Arzt sagt, die Chemo hat super gewirkt, aber er sieht da noch kleine Reste oder Aktivitäten....

Genau das überlege ich hin und her. Nachher geht's ins Klinikum, wo ich meine Recherchen dazu fortsetzen werde. Vielleicht gibt's ja einen guten Grund, nicht zu operieren. Den hätte ich ggf. gerne gewusst und durch Publikationen belegt. Überzeugt mich das, können die meinetwegen ihre Photonentorpedos auf mich abfeuern.


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